Leonore Gewessler
Umwelt-Ministerin kippt jetzt Tempo 140
01.02.2020Umweltministerin Gewessler stoppt als eine ihrer ersten Amtshandlungen Tempo 140.
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Wien. Fulminante 120 Sekunden konnten Autofahrer auf den beiden Teststrecken in Nieder- und Oberösterreich auf der Fahrt von Wien nach Salzburg schneller ans Ziel kommen, wenn sie statt 130 km/h eben 140 fuhren. Doch damit ist jetzt bald Schluss: Leonore Gewessler – neue grüne Ministerin für Klimaschutz – wird das Projekt ihres FPÖ-Vorgängers jetzt rasch stoppen, wie sie im Interview mit ÖSTERREICH erklärte.
Die Verordnung liege quasi schon auf ihrem Schreibtisch – „in den nächsten Wochen“ werden die 140-Schilder auf der Westautobahn – auf die Hofer so stolz war – wieder abmontiert. Gewessler ist das wichtig: „Die 140 waren leider die falsche Richtung, deswegen ist das eines der Themen, die wir rasch angehen.“
Diesel-Privileg wird jetzt tabulos diskutiert
Diesel 10 Cent teurer? Noch nicht festlegen will die Klimaschutzministerin sich in Sachen Diesel – auch nach der Regierungsklausur in Krems nicht: Der Treibstoff für die Selbstzünder ist niedriger besteuert als Benzin. Würden beide gleichbehandelt, wäre Diesel um 10 Cent teurer – eine 50-Liter-Tankfüllung um fünf Euro. Tatsächlich hat die Koalition ausgemacht, schon ab 2021 Maßnahmen gegen den Tanktourismus zu treffen – Preiserhöhungen wären da ein probates Mittel. Gewessler: „Wir werden das alles tabulos diskutieren.“
Gewessler: »Tempo 140 lief in falsche Richtung – das gehen wir rasch an«
ÖSTERREICH: Wie fällt Ihre Bilanz der Regierungsklausur aus? Es gab Kritik von NGOs. Ist das für Sie nicht ein Warnsignal?
Leonore Gewessler: Es war eine intensive und positive erste Klausur der Bundesregierung. Die Maßnahmen, die wir jetzt bis Sommer 2020 angehen wollen, sind die richtigen Hebel, damit wir einsteigen in eine wirkliche ökosoziale Steuerreform. Aber es braucht Konkretisierung. Deswegen startet die Taskforce auch im Februar. Ich glaube auch, die NGOs fordern richtigerweise genau das ein.
ÖSTERREICH: Sie beschließen etwa eine Flugabgabe von 12 Euro. Glauben Sie, dass sich davon irgendjemand vom Fliegen abhalten lassen wird?
Gewessler: Die 12 Euro sind ein wichtiges Signal. Es ist für die Kurzstrecke ein deutlicher Schritt. Uns geht es ja darum, gerade dort, wo wir Alternativen haben, diese zur bequemeren, günstigeren und klimafreundlicheren Variante zu machen. Zusätzlich gibt es eine Anti-Dumping-Regelung, die dazu führen soll, dass man Tickets nicht mehr unter dem Preis von Steuern und Gebühren abgeben kann.
ÖSTERREICH: Sie wollen den Tanktourismus eindämmen. Geht das anders als einfach über höhere Dieselpreise?
Gewessler: Tirol zeigt es vor, was alles geht. Da gibt es zum Beispiel Abfahrverbote für Lkws. Das Thema ist eng mit dem Transit und der Lebensqualität der Menschen verstrickt.
ÖSTERREICH: Dass Sie das Dieselprivileg abschaffen wollen, kommt Ihnen aus Rücksicht auf den Koalitionspartner noch nicht über die Lippen?
Gewessler: Wir haben im Vergleich niedrigere Preise als die Nachbarländer. Der Druck wird sicher steigen, wenn Deutschland früher als wir in die CO2-Preisung einsteigt. Deshalb werden wir alles tabulos diskutieren.
ÖSTERREICH: Den Autoherstellern drohen Strafen, weil Ihre Flotten zu viel CO2 ausstoßen. Was tun Sie, damit da mehr Elektroautos verkauft werden?
Gewessler: In diesem Markt ist eine große Dynamik und das wollen wir natürlich unterstützen. Wenn es darum geht, so umweltfreundlich wie möglich unterwegs zu sein, heißt das natürlich zuerst einen Fokus auf die Öffis, zu Fuß gehen, Radfahren. In der Individualmobilität geht der Weg Richtung emissionsfreie Antriebe. Wir haben ja derzeit schon eine Förderung für den Ankauf von E-Autos und auch bei der öffentlichen Beschaffung werden wir mit gutem Vorbild vorangehen.
ÖSTERREICH: Das 1-2-3-Ticket ist Ihr Prestigeprojekt. Ihr Vorgänger Hofer ist skeptisch, dass es sich umsetzen lässt. Wie bringen Sie die vielen Verkehrsverbünde unter einen Hut?
Gewessler: Es gibt gute Vorarbeit. Das Ministerium hat sich ja schon damit auseinandergesetzt, es sind schon Studien beauftragt, wir starten ja nicht bei null. Es gibt Bundesländer, die vorangegangen sind, also Wien, Vorarlberg, Tirol. Ich bin überzeugt, die Zeit dafür ist reif.
ÖSTERREICH: Sie wollen 140 auf der Autobahn abschaffen? Wie lange dauert das noch?
Gewessler: Die Verordnung ist schon in Arbeit.
ÖSTERREICH: Also im Februar geht sie raus?
Gewessler: Einen genauen Zeitplan haben wir noch nicht, aber das wird in den nächsten Wochen sein. Wir haben beim Klimaschutz so große Aufgaben, dass es wichtig ist, dass man auch in einzelnen Bereichen nicht in die falsche Richtung läuft. Die 140 waren leider die falsche Richtung, deswegen ist das eines der Themen, die wir rasch angehen.
Interview: D. Knob