Das UN-Flüchtlingshochkommissariat kritisiert vor allem die Betreuung von Asylsuchenden.
Kritik an der österreichischen Schubhaftpraxis ist am Mittwoch vom UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR gekommen, nachdem am Montag ein indischer Schubhäftling im Wiener Polizei-Anhaltezentrum (PAZ) Hernalser Gürtel nach einem Hungerstreik gestorben war. UNHCR-Sprecher Roland Schönbauer wollte sich zum Fall selbst nicht äußern, sagte aber: "Die Bedingungen sind eindeutig verbesserungswürdig, was die medizinische Versorgung und die Betreuung der Asylsuchenden in Schubhaft betrifft."
Keine ausreichende Rechtsberatung
Man beobachte mit Sorge die
Berichte des Menschenrechtsbeirats (MRB), so Schönbauer. Eines der Probleme
sei, dass der Asylsuchende in Schubhaft oft keine ausreichende Beratung über
seine Rechte erhalte. Ein Unbescholtener, dessen Freiheit derart stark
eingeschränkt werde, erhalte kaum Aufklärung über die Gründe dafür. Das
sollte "selbstverständlich" sein, es bestehe Verbesserungsbedarf, sagte
Schönbauer.
Überhaupt fehle Rechtsberatung von Asylsuchenden nach UNHCR-Beobachtungen in Österreich zum Teil völlig. "Wer um internationalen Schutz ansucht, braucht aber diese Informationen, um sich im komplexen heimischen Asylsystem überhaupt zurecht zu finden. Das ist nicht nur eine Frage des fairen Asylverfahrens, sondern auch im Sinne der Effizienz", erklärte der Sprecher.
Keine systematische Verhängung von Schubhaft
"Grundsätzlich
sollte Schubhaft immer nur das allerletzte Mittel sein", betonte der
UNHCR-Sprecher. Ein Beispiel wäre die letzte Nacht, bevor ein Asylsuchender
in ein anderes EU-Land transportiert werde, um sicherzustellen, dass dies
möglich sei. "Eine systematische Verhängung zu rein bürokratischen Zwecken
entspricht nicht internationalen Standards, schon gar nicht bei Kindern.
Wobei wir nicht sagen, dass Österreich das systematisch handhabt, aber es
gibt immer wieder Vorschläge in diese Richtung", sagte Schönbauer.
Keine unbegleiteten Minderjährigen
Der UNHCR unterstütze die
Vorschläge der EU zum Asylrecht, insbesondere bei Minderjährigen und bei
Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Schönbauer: "So sind wir der Meinung,
dass unbegleitete Minderjährige überhaupt nicht mehr in Schubhaft genommen
werden sollten."
Asylwerber nicht mehr in Gefängnisse?
Zur Erklärung: Derzeit
gibt es in der EU heftige Diskussionen um das sogenannte Asylpaket, eine
Novelle zu einer bereits bestehenden Richtlinie. Neben Vorschlägen, die den
Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylsuchende nach sechs Monaten vorsehen, soll
bei der Schubhaft etwa verankert sein, dass die Asylwerber nicht in
Gefängnissen, sondern in speziell dafür vorgesehenen Einrichtungen
untergebracht werden sollen. Eine Inhaftierung von unbegleiteten
Minderjährigen soll demnach überhaupt verboten werden. Das EU-Parlament hat
sich im Mai hinter die entsprechenden Vorschläge der Kommission gestellt.
Österreich lehnte große Teile des Pakets bisher ab.