Der Bundespräsident kritisiert den "antieuropäischen" Kurs und die Haltung der FPÖ zum russischen Angriff auf die Ukraine. Freiheitlichen-Chef Kickl schoss via Facebook zurück.
Klar auf Distanz zu FPÖ-Chef Herbert Kickl zeigt sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen laut "Abendjournal" und "ZiB" in einem ORF-Interview. Kickl kann sich demnach bei einem allfälligen Wahlsieg nicht sicher sein, automatisch den Auftrag zur Regierungsbildung zu bekommen. Offen ließ Van der Bellen, ob er den FPÖ-Chef als Kanzler angeloben würde. Kritik übte er an der Haltung der FPÖ zur EU und zum Russlandkrieg, und er erinnert an die Razzia im Verfassungsschutz.
VdB: Neben Verfassung auch Gewissen verpflichtet
Er werde "eine antieuropäische Partei, eine Partei, die den Krieg Russlands gegen die Ukraine nicht verurteilt, nicht durch meine Maßnahmen noch zu befördern versuchen", sagte Van der Bellen in dem Interview, das heute, Mittwoch auf ORF 2 gesendet wird. Man möge Kickl - und nicht ihn - fragen, "ob es richtig war, gegen sein eigenes Haus, gegen das Innenministerium, eine Razzia zu machen, die zu nichts geführt hat außer dass die ausländischen Intelligence-Dienste jedes Vertrauen in Österreich verloren haben und und und ...."
Offen ließ Van der Bellen in dem am Vorabend seiner Zweit-Angelobung ausgestrahlten Interview, ob er Kickl als Kanzler angeloben würde. "Streng genommen" stehe in der Verfassung nicht, dass die stimmenstärkste Partei den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten müsse. Aber es stehe drinnen, dass der Bundespräsident den Kanzler ernennt - und zwar in seiner "höchstpersönlichen Entscheidung". Dafür brauche er keinen Vorschlag, das sei "einer der ganz ganz wenigen Punkte, in denen der Bundespräsident frei ist in seiner Entscheidung".
Er lege morgen, Donnerstag, den Amtseid nicht nur auf die Verfassung ab, sondern sei auch seinem Gewissen verpflichtet, merkte Van der Bellen an - verspreche er doch auch, das Amt nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben.
Kickl reagiert auf oe24-Artikel
FPÖ-Chef Kickl nahm am Mittwochabend auf seiner Facebook-Seite Stellung zu Van der Bellens Aussagen. "Um moralisch zu sein, genügt es, den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zu verurteilen. Alle anderen Angriffskriege sind offenbar gar kein Problem", schrieb Kickl ironisch in seinem Posting. Er warf Van der Bellen weiters vor, willkürlich über den Wählerwillen hinweg zu agieren, sollte die FPÖ im Fall eines Wahlsiegs wirklich keinen Regierungsauftrag erhalten.
In punkto Hausdurchsuchungen verwies Kickl darauf, dass diese von der Justiz und nicht von der Polizei veranlasst würden. Und wenn man zur EU nicht freundlich sei, sei man gleich Europafeind, kritisierte der FPÖ-Chef. "Sehr demokratisch. Sehr moralisch. Sehr rechtsstaatlich. Sehr tolerant. Oder vielleicht doch nicht?", schloss er sein Posting mit einem Zwinkersmiley ab.