SPÖ-"Kardinalfehler"
Van der Bellen kritisiert "blankes Pflegechaos"
06.01.2008
Der Grünen-Chef meinte bei der Grünen Klubklausur, der Kanzler wandele in der Pflege-Debatte auf Schüssels Spuren.
Mit scharfer Kritik an SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer hat sich der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen im Vorfeld der Grünen Klubklausur zu Wort gemeldet. Der Bundeskanzler wandle bei der Pflege-Debatte auf den Spuren seines Vorgängers Wolfgang Schüssel (V), sagte der dienstälteste Parteichef im Interview. Dabei begehe Gusenbauer den selben "Kardinalfehler" wie Schüssel - nämlich, das Problem nicht ernst zu nehmen. Van der Bellen will die 24-Stunden-Betreuung daheim auf der zweitägigen Klausur am Dienstag und Mittwoch in Graz unter dem Überthema "soziale Gerechtigkeit" behandeln. Auch das grüne Kernthema Klimaschutz steht auf der Tagesordnung.
"Blankes Pflegechaos" statt sozialer Wärme
Während
Gusenbauer immer von sozialer Wärme fasele, herrsche im Bereich der Pflege
nach wie vor das "blanke Chaos", sagte Van der Bellen. Bisher hätten sich
von geschätzten 40.000 illegale Betreuungskräfte erst 1 Prozent angemeldet.
Es sei völlig unklar, was mit den restlichen 99 Prozent passieren werde. Als
"unmöglich" bezeichnete der Grünen-Chef außerdem die Regelung, dass in den
Bundesländern betreffend Förderungen und Regresse unterschiedliche
Regelungen gelten. Auch das Beharren von Sozialminister Erwin Buchinger (S)
auf einem Ende der Amnestie-Regelung ist Van der Bellen nach wie vor ein
Dorn im Auge.
Hauptthema der Klubklausur: Soziale Gerechtigkeit
Hauptthema im
Grazer Schlossbergrestaurant soll folglich auch der "Beginn einer
systematischen Diskussion über soziale Gerechtigkeit" sein. Neben der
Steuerreform sollen eben auch Fragen wie jene der Pflege debattiert werden.
Den zweiten Schwerpunkt - das grüne Kernthema Klimaschutz - will Van der Bellen mit den Sozial-Themen verknüpfen. Denn durch das "Durchbrechen der 100 Dollar-Schallmauer" beim Ölpreis tue sich auch hier eine "neue soziale Frage" auf: Selbst Mittelstand-Familien seien von den Preissteigerungen betroffen. Daher müsse man bei der Ökostromnovelle nun "Nägel mit Köpfen" machen, fordert Van der Bellen: "Raus aus Öl und Gas" - auch in der Wärmeerzeugung. Dies verlange aber nach entsprechender Hilfestellung durch Bund und Länder.
Grüne wollen Zehn-Prozent-Schwelle überschreiten
Der
Termin der Klausur sei auch "nicht zufällig" gewählt, bei der
Gemeinderatswahl in Graz strebt Van der Bellen ein Überschreiten der
Zehn-Prozent-Schwelle an. Die Grazer Spitzenkandidatin Lisa Rücker will der
Grünen-Chef nach der Wahl als Umweltstadträtin sehen. Gerade in Graz sei das
Wiederkehren der Feinstaubproblematik "so sicher wie das Amen im Gebet".
Graz müsse in diesem Punkt "die Spitzenposition abgeben", sieht Van der
Bellen ein breites Betätigungsfeld für die Grünen. Der Positionskampf
zwischen seiner Partei und der FPÖ in Graz werde jedenfalls spannend werden.
Partei will sich "unters Volk mischen"
Gestartet wird
die Grüne Klausur am Dienstag um 10 Uhr mit einer gemeinsamen Auffahrt der
Parteispitze auf den Schlossberg, im Anschluss findet im Schlossrestaurant
eine Auftakt-Pressekonferenz Van der Bellens statt. Danach ziehen sich die
Parteigranden zu internen Beratungen zurück. Am Abend wird sich Van der
Bellen im parteieigenen Lokal "Das Lokal" unters Volk mischen. Am Mittwoch
gehen dann Vizechefin Eva Glawischnig und die Umweltsprecherin Ruperta
Lichtenecker um 10 Uhr vor die Presse, damit ist der medienöffentliche Teil
der Klausur zu Ende. Die Parteifunktionäre beraten dann noch intern weiter.