2009 ging nur ein Viertel der Studenten zur Uni-Wahl.
Als "kaum wahrnehmbar" beurteilt Politikberater Thomas Hofer den bisherigen Wahlkampf zwei Wochen vor den Wahlen zur Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH). Mangelnde Reibungsflächen und Unterscheidbarkeit zwischen den Fraktionen schwächen die Mobilisierungskraft - dabei ist ebendie wichtiger denn je. Mit 25,7 Prozent Wahlbeteiligung wurde 2009 der absolute Tiefstand bei ÖH-Wahlen erreicht. Eine Tatsache, die die Gewichtung der Interessensgemeinschaft als Gegenüber des Wissenschaftsministeriums schwächt, so Hofer, und gerade deshalb mit Mobilisierung bekämpft werden muss. "Dass das bisher nicht passiert ist, ist bedenklich."
AG und RFS gegen GRAS und VSStÖ
Stattdessen ist eine Aufspaltung in Lager erkennbar. So schoss die VP-nahe AktionsGemeinschaft (AG) ebenso wie der wesentlich mandatsschwächere Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) bisher in Aussendungen, bei Pressekonferenzen und bei einer von ATV veranstalteten Diskussion der Spitzenkandidaten gegen die derzeitigen Fraktionen in der Bundes-ÖH, die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) und den Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ). Diese beiden wiederum kommen sich nicht in die Quere. "Dabei würde es gerade für die GRAS auf der Hand liegen, sich wesentlich stärker und glaubwürdiger gegen die Bundesregierung zu positionieren und zu versuchen, die SPÖ und damit auch den VSStÖ zu attackieren", so Hofer. "Dass das unterlassen wurde, deutet daraufhin, dass es da eine Art Nicht-Angriffs-Pakt gibt."
Nach Themenspektrum und Positionierung zum Lager von GRAS und VSStÖ zu zählen seien die Fachschaftslisten (FLÖ). Diese haben jedoch den Vorteil, sich als einzige politisch unabhängige Fraktion positionieren zu können. So wird damit geworben, für die Interessen der Studenten zu stehen statt die ÖH "als Sprungbrett in die Politik" nutzen zu wollen. Kleine Fraktionen wie die kommunistischen Listen (KSV und KSV-LiLi) oder die Jungen Liberalen (JuLi) können indes mangels Unterscheidbarkeit für die breite Masse das starke Lager nicht durchbrechen.
Opposition reibt sich an Koalition
Hier habe es der RFS wiederum leichter, so Hofer. "Ohne eine Nähe zwischen AG und RFS herstellen zu wollen, aber: Klar ist, dass beide versuchen, sich da abzuarbeiten und an der rot-grünen Bundes-ÖH zu reiben." Als "ideologisch motivierte Fundamentalopposition" sei diese in den vergangenen zwei Jahren nur "laut und medial präsent" gewesen, urteilt die AG in ihrem Wahlprogramm. Der RFS wiederum ruft auf Flyern zu einem "Denkzettel gegen Uni-Chaos" und dem "Prost, wenn Dir die Linken stinken!" auf.
Für Hofer daher verständlich, dass die derzeitige "Opposition" die Eröffnung des Studibeisls "Cafe Rosa" in Wien zum großen Thema gemacht hat. Für das selbstverwaltete, als u.a. "antikapitalistisch" und "antiklerikal" beschriebene Lokal verwendete die rot-grüne ÖH der Uni Wien bisher knapp ein Fünftel ihres Budgets, was vor allem bei der AG auf Kritik stieß. Das "Ideologie-Cafe" sei "Geldverschwendung" und missbrauche ÖH-Beiträge, ließ die VP-nahe Fraktion in mehreren Aussendungen verlautbaren. "Da ist schon ein bisschen was von der großen Politikwelt drin", so Hofer, "indem Negative Campaigning betrieben wird." Der Versuch, über Negativität und Emotionalisierung zu mobilisieren, sei zwar durchaus legitim - dass dazu aber das einzig für Wien relevante Studibeisl nötig ist, sei auch "ein Ausdruck des Themenmangels, der da ganz offensichtlich besteht".
Amtsmissbrauchs-Verdacht gegen Wulz
Der Negativwahlkampf wird auch von anderen betrieben: So verdächtigt der KSV die GRAS-Spitzenkandidatin Janine Wulz des "Amtsmissbrauchs", denselben Vorwurf muss sich Cengiz Kulac (GRAS), ÖH-Vorsitzender an der Uni Graz, vom RFS gefallen lassen. Der RFS kritisiert die ÖH-Wahlkampagne der "verwirrten Linksfraktionen", der VSStÖ die AG-"Wahltaktik" als "Blockadepolitik". Während intern Wahlkampf betrieben und Positionen - mal mehr, mal weniger sachlich - ausgetauscht werden, geht die Mobilisierung nach außen verloren, so Hofer. "Es fehlt an thematischen Schwerpunkten und Aufregern, an denen auch bundesweite Medien nicht vorbeikommen", so der Politikberater. "Ich habe nicht den Eindruck, dass sich die Fraktionen überlegt hätten, wie sie a) allgemeine Aufmerksamkeit erringen und b) sich in ihren Positionierungen gut von den anderen absetzen."