Rote Länderchefs und Gewerkschafter fordern die möglichst rasche Einführung von Vermögenssteuern und eine Nachverhandlung des Koalitionspakts.
Die vom steirischen SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves angezettelte Umverteilungs-Debatte spitzt sich zu. Während Kanzler Werner Faymann in dieser Legislaturperiode (also bis 2013) keine Vermögenssteuern einführen will, fordern immer mehr rote Granden raschere Schritte.
Vorstöße
„Eine Vermögenszuwachssteuer auf Aktiengewinne
und große Immobilien sollte so schnell wie möglich eingeführt werden“,
schließt sich Vorarlbergs SPÖ-Chef Michael Ritsch via ÖSTERREICH einem
ähnlichen Vorstoß von Michael Häupl an. Dennoch verteidigt Ritsch Faymanns
abwartende koalitionstreue Linie und fordert vielmehr von der ÖVP eine
Nachverhandlung des Regierungspakts. Diese solle „aufhören, die Reichen zu
schützen“. Auch Niederösterreichs SPÖ-Chef Josef Leitner will „mittel- bis
langfristig eine neue Aktien-Spekulationssteuer“. Über den besten Zeitpunkt
dafür solle aber Faymann entscheiden.
Faymann im Visier
Weit kritischer ist Voves-Vize Kurt Flecker:
„Ich sehe nicht ein, warum die Parteiführung diese Diskussion als
unschicklich erachtet. Vermögen ist für die Sozialdemokratie eine logische
Steuerquelle“, betont der stellvertretende Landeshauptmann gegenüber
ÖSTERREICH. „Ich erwarte mir jetzt eine klare Aussage des Parteichefs, dass
er die Vermögensbesteuerung ehestmöglich politisch verfolgt.“
Gewerkschaft: Reiche um vier Milliarden Euro schröpfen
Unterstützung
für die Steuerpläne von Voves kommt auch von den roten Gewerkschaftern.
Deren Chef Wilhelm Haberzettl forderte gestern erneut eine rasche Anhebung
der Vermögensbesteuerung auf EU-Niveau, was die Erträge von 1,3 auf 5,5
Milliarden Euro steigern soll. „Es ist nicht einzusehen, dass die
Arbeitnehmer den Großteil der Hilfspakete für Banken und Wirtschaft
begleichen müssen“, so Haberzettl.
Hintergrund: Österreich liegt im internationalen Vergleich unter den Schlusslichtern bei der Vermögensbesteuerung, ist aber bei der Steuerlast auf Einkommen im vorderen Feld. Selbst die kapitalistischen Vorzeigestaaten USA und Großbritannien besteuern große Vermögen deutlich stärker.
Angesichts dieser Zahlen muss auch ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll mit ersten internen Abweichlern leben. Salzburgs ÖAAB-Chef will ebenfalls eine Vermögenszuwachssteuer, um nach der Krise „die Zeche zu zahlen“.
Tatsächlich ist Österreich bei der Vermögensbesteuerung im internationalen Vergleich Schlusslicht. Die Einnahmen aus diesem Bereich betrugen 2007 lediglich 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während es etwa in Großbritannien 4,6 Prozent waren. Gleichzeitig herrscht in Österreich bei Einkommen und Geldvermögen eine große Ungleichverteilung. |
Leitl naturgemäß dagegen
Auch der Präsident der
Wirtschaftskammer, Christoph Leitl, findet die Einführung einer
Vermögenssteuer einen "wirtschafts- und steuerpolitischer Mumpitz".
Sie würde die Wirtschaftskrise nicht lindern, sondern eher verschärfen.
Betriebe würden nicht ent-, sondern belastet.
FPÖ ortet Klassenkampf
Unter dem Deckmantel der
Krisenbekämpfung betreibe die SPÖ Klassenkampf durch die Hintertür, findet
FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl. Statt einer Vermögenssteuer solle man etwa
die Stiftungsprivilegien, die die SPÖ mitbeschlossen hat, und die
Steuerschlupflöcher für staatsnahe Unternehmen wie die AUA und die
Gruppenbesteuerung aufheben. Das bringe Milliarden, meint Kickl.
BZÖ hat's auch mit Klassenkampf
"Nachdem die groß
angekündigte Steuerreform in die Hose gegangen ist, soll jetzt offenbar
durch Klassenkampf Geld umgeschichtet werden", so BZÖ-Generalsekretär
Martin Strutz. Die Politik Faymanns diene in erster Linie den "Wohlhabenden,
Banken, Industriellen und Co." "Statt einen Klassenkampf
anzuzetteln", sollten lieber "Direktzahlungen im Sozialbereich
geleistet werden - das hilft wirklich!", so Strutz.
Grüne sehen erbärmliches Schauspiel
"In der SPÖ
sind wir gerade Augenzeugen eines erbärmlichen internen Schauspiels: Kanzler
Faymann macht den Kotau vor Koalitionspartner ÖVP, Länder- und
Gewerkschaftsvertreter mimen indes die Wahrer sozialdemokratischer Werte",
so kommentiert der Grüne Budgetsprecher Werner Kogler die Debatte um
Vermögenssteuern und fragt sich: "Wann, wenn nicht jetzt, ist es
Zeit, auch von den Reichsten einen Beitrag zu fordern?"