Offiziell ist die Kriminalität rückläufig. Nur ist die Zählung der Delikte fragwürdig, und die Bundesländer legen kaum konkrete Ergebnisse offen.
Laut Innenministerium soll die Kriminalität in Österreich im ersten Halbjahr 2008 im Vorjahresvergleich um sechs Prozent gesunken sein. Doch mit dem Raub ihrer Handtasche in einem Wiener In-Lokal sollten auch Ressortchefin Maria Fekter ernste Zweifel an der Richtigkeit ihrer Zahlen gekommen sein.
Kritik der Experten
Bereits kurz nach der Bekanntgabe der
Kriminalbilanz hagelte es Kritik von Experten. Der Vorwurf: Die Zahlen des
Ministeriums seien geschönt. Grund für die Kritik ist die von Schwarz-Blau
im Jahre 2002 eingeführte eigenwillige Zählmethode. Raubt jemand mehrere
Banken aus, zählt das in der Statistik nur als ein einziges Delikt.
Auch ein Vierfachmörder scheint in der Statistik nur als ein angezeigter Mordfall auf. Birgit Zetinigg, Leiterin des Kriminalforschungsbereiches des Kuratoriums für Verkehrssicherheit spricht daher von einer „Dunkelziffer“ und hält die vorgelegte Statistik für „jedenfalls verbesserungswürdig“.
Zahlen kaum öffentlich
Eine ÖSTERREICH-Recherche zeigt:
Nicht nur die möglicherweise „geschönten“ Zahlen sind ein großes Problem,
auch die Sicherheitsdirektionen der Bundesländer nutzen die
landesspezifischen Analysen nach ihrem Gutdünken, informieren über die
Kriminalitätsrate nur zum Teil oder auch gar nicht.
Verschwundene Zahlen
So verbreitet zwar das Land Niederösterreich
eine regionale Analyse, allerdings mit dem Ergebnis, dass in allen erwähnten
Delikten ein zum Teil „deutlicher Rückgang“ zu verzeichnen ist. Einige
Zahlen wurden dabei diskret verschwiegen. So stieg etwa der Raub in
öffentlichen Verkehrsmitteln um 500 Prozent. Ähnlich die Situation in
Vorarlberg und Wien. Im westlichsten Bundesland scheinen nicht konkrete
Delikte sondern Paragrafenbezeichnungen auf, in Wien werden zum Teil nur
prozentuale Angaben gemacht und absolute Zahlen verschwiegen.
Enorme Zunahmen
Besser informiert werden die Menschen in
Salzburg, Oberösterreich und der Steiermark: Alle drei Bundesländer legen
alle Deliktgruppen offen und zeigen ein erschreckendes Bild: So nahm in OÖ
der Raub von Handkassen um 130 Prozent zu, in der Steiermark gab es 42
Prozent Steigerung bei schwerem sexuellen Missbrauch von Unmündigen.