Die meisten Fälle haben die Verfassungsrichter aber für in Ordnung befunden - Das Höchstgericht erstickt einstweilen in Arbeit.
Der Verfassungsgerichtshof hat nun erstmals Urteile des neuen
Asylgerichtshofes aufgehoben. In zwei Fällen kippten die Höchstrichter
Entscheidungen des seit Juli agierenden Sondergerichtes wegen grober
Verfahrensmängel, der Großteil der Beschwerden wurde aber abgewiesen.
SPÖ und ÖVP haben Asylwerbern im Juli den Weg zum Verwaltungsgerichtshof abgeschnitten. Sie haben damit keine Möglichkeit mehr, Urteile des Asylgerichtshofes auf ihre Gesetzeskonformität prüfen zu lassen. Den Flüchtlingen bleibt nur noch der Weg zum Verfassungsgericht, das aber nicht prüfen darf, ob die Urteile den Gesetzen entsprechen, sondern nur mögliche Grundrechtsverletzungen feststellen kann. |
VwGH wieder einbinden
VfGH-Präsident Gerhart Holzinger drängt
darauf, dass sich Asylwerber künftig wieder an den Verwaltungsgerichtshof
wenden dürfen. Auf seinem Schreibtisch türmen sich nämlich die Fälle. SPÖ
und ÖVP könnten sein Anliegen im Zug der geplanten Reform der
Verwaltungsgerichtsbarkeit erledigen. Im Regierungsprogramm ist das aber
nicht explizit geregelt.
In der großen Palette von Verwaltungsrechtssachen können nur Asylwerber diesen Beschwerdeweg nicht beschreiten.
Schreibtisch biegt sich
Beim Verfassungsgerichtshof sind bisher
848 Beschwerden von Asylwerbern eingetroffen. Holzinger befürchtet, dass
sein Gericht künftig mit bis zu 2.500 Asylbeschwerden pro Jahr konfrontiert
werden könnte. Das wäre eine Verdoppelung der Beschwerdefälle beim
Verfassungsgericht. Das Gericht hat daher bereits drei zusätzliche
Mitarbeiter angestellt, acht sollen im Jänner folgen.
Russland kein sicherer Drittstaat
Aufgehoben wurden bisher zwei
Urteile des Asylgerichts: So hatten die Asylrichter Russland taxfrei zum
sicheren Drittstaat erklärt, weil das Land Mitglied von Genfer
Flüchtlingskonvention und Menschenrechtskonvention ist und ein Asylgesetz
hat. Der Einwand, dass diese Grundsätze bloß am Papier bestehen, wurde nicht
geprüft - ein "grober Verfahrensfehler" für Holzinger. Aufgehoben wurde
außerdem ein Urteil, in dem das Asylgericht die Argumentation der
Asylbehörden ohne Begründung übernommen hat. Das sei für ein Gericht
unzulässig, so Holzinger.
Alle anderen Urteile hielten
Der Großteil der beim VfGH
angefochtenen Urteile des Asylgerichts (insgesamt wurden 181 Beschwerden
"erledigt") hat aus verfassungsrechtlicher Sicht allerdings gehalten.
Außerdem haben die Verfassungsrichter entschieden, dass das Ende der
Beschwerdemöglichkeit beim Verwaltungsgericht keine Gesamtänderung der
Verfassung bedeutet und dass die Verfassungsrichter nicht dafür zuständig
sind, eine "Grundsatzentscheidung" des Asylgerichtes zu erzwingen. Eine
solche Entscheidung müsste das Verwaltungsgericht überprüfen. Beantragt
werden kann sie aber nur vom Innenminister, nicht von den Asylwerbern.
Im Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP findet sich in Sachen Asylgericht wenig Neues. Zwar werden die Grundzüge einer neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit geregelt, die die Errichtung von Landesverwaltungsgerichten und möglicherweise auch von neuen Bundesverwaltungsgerichten erster Instanz vorsieht. Gegen deren Urteile sollen sich die Betroffenen beim Verwaltungsgerichtshof beschweren können, der ein Abweisungsrecht erhalten soll. Ob damit auch ein Instanzenzug vom Asylgericht (ebenfalls ein Bundesverwaltungsgericht erster Instanz) zum VwGH angedacht ist, bleibt aber offen.