Nach Griechenland
VfGH stoppt nächste Abschiebung
27.10.2010
Richter stoppt die Überstellung wegen der schlechten Versorgungslage.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat erstmals die Überstellung einer Asylwerberin nach Griechenland als verfassungswidrig aufgehoben. Außerdem haben die Verfassungsrichter eine neue Hürde für derartige Abschiebungen in das wegen seines miserablen Asylwesens in der Kritik stehende EU-Land eingezogen: Vor der Überstellung besonders schutzwürdiger Personen müssen die österreichischen Behörden bei den griechischen Kollegen künftig eine individuelle Betreuungs-Zusage für die betroffenen Asylwerber einholen - andernfalls muss die Abschiebung unterbleiben.
Jahrelange Kritik an Griechenland
Laut Europarecht ("Dublin-Abkommen") ist für ein Asylverfahren jenes EU-Land zuständig, in dem der Flüchtling die EU-Außengrenze überschritten hat. Griechenland steht allerdings seit Jahren in der Kritik durch internationale Organisationen und Flüchtlingshelfer. Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR bezeichnet die Zustände in griechischen Flüchtlingslagern als unmenschlich und lebensgefährlich. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat angekündigt, sämtliche an ihn herangetragenen Überstellungen in das EU-Land stoppen zu wollen. Mehrere EU-Länder (u.a. Großbritannien, die Niederlande, Norwegen und Dänemark) haben Dublin-Abschiebungen nach Griechenland bereits eingestellt.
Erfolgreiche Beschwerde
Österreich überstellt trotz der bekannten Kritik weiterhin Flüchtlinge nach Griechenland. Eine aus Afghanistan stammende Frau mit drei minderjährigen Kindern ist mit ihrer Beschwerde gegen die Abschiebung nun aber erfolgreich gewesen. Aufgrund der unbestrittenermaßen schwierigen Betreuungssituation für Asylwerber in Griechenland hätte eine Überstellung zu einer Verletzung des in der Menschenrechtskonvention verankerten Verbots von Folter sowie unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung führen können, urteilten die Verfassungsrichter in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Erkenntnis.
Außerdem ziehen die Verfassungsrichter eine zusätzliche Hürde für die Abschiebung von besonders schutzbedürftigen ("vulnerablen") Flüchtlingen nach Griechenland ein: Wollen die österreichischen Behörden künftig Mütter mit Kleinkindern oder unbegleitete Minderjährige nach Griechenland überstellen, dann müssen sie in jedem Einzelfall von den griechischen Behörden eine individuelle Zusicherung einholen, mit der die Versorgung in Griechenland konkret zugesagt wird. Andernfalls wäre die Abschiebung unzulässig.