"Hätte der Bezirkshauptmann getan, was im Gesetz steht, wären wir drei Tage gesessen."
In Kufstein wurde ein Teil der 5.313 Wahlkarten bereits vor dem rechtlich zulässigen Zeitpunkt am Montag nach der Wahl um 9.00 Uhr geöffnet. Das hat der Bezirkshauptmann am Mittwoch in seiner Aussage vor dem Verfassungsgerichtshof bestätigt. Allerdings fand auch der Beisitzer der FPÖ in der Bezirkswahlbehörde nichts Verwerfliches bei dieser Vorgehensweise.
Vorgehensweise verteidigt
Laut Bundespräsidentenwahlgesetz dürfen die Wahlkarten frühestens ab 9.00 Uhr am Montag nach der Wahl geöffnet werden. Tatsächlich begann die Öffnung in Kufstein bereits zwischen 8.00 und 9.00 Uhr, bestätigten der Bezirkshauptmann sowie die Beisitzerin der Grünen. Außerdem wurde die Öffnung nicht durch die Beisitzer überwacht, sondern fand mit einer Maschine im Stockwerk darüber statt.
Die Vorgehensweise wurde aber auch vom FP-Beisitzer verteidigt. "Ich halte das Bundespräsidentenwahlgesetz in der jetzigen Form für absolut unvollziehbar. Wenn der Bezirkshauptmann das gemacht hätte, was im Gesetz steht, wären wir drei Tage da gesessen", sagte der Beisitzer, ein früherer Rechtsanwalt und FP-Politiker. Manipulationsverdacht hegt er nicht: "Ich habe zu allen Persönlichkeiten, die da anwesend waren, so ein Vertrauen, dass ich der Meinung bin, dass es keine Unregelmäßigkeiten gegeben hat."
Beschluss
Der Bezirkshauptmann betonte, dass es einen Beschluss der Wahlbehörde gab, bestimmte Vorbereitungsarbeiten für die Briefwahl-Auszählung an die Beamten abzutreten. Ob der Beschluss neben der Aussortierung der nicht korrekt ausgefüllten Wahlkarten auch die Öffnung der gültigen Wahlkarten umfasse, habe man nicht präzisiert. Die Beisitzer waren diesbezüglich unterschiedlicher Meinung: Die Grüne Beisitzerin ging davon aus, dass auch die Öffnung durch die Beamten geplant war, ihr FP-Kollege nicht.
Für Verwunderung sorgte der FP-Beisitzer mit der Begründung, warum er im Wahlprotokoll per Unterschrift bestätigte, dass die Wahlkarten erst ab 9.00 Uhr geöffnet wurden, obwohl die Öffnung doch früher erfolgte. Es habe sich um einen Vordruck des Innenministeriums gehandelt, sagte der Jurist - und er habe unterschrieben, "weil ich davon ausgegangen bin, dass das Innenministerium das schon richtig gemacht hat". Richter Georg Lienbacher reagierte erstaunt: "Bei allem Vertrauen zum Innenministerium, aber dass die prognostizieren können, wie der Montag nach dem Wahltag konkret abläuft..."