Kanzler Faymann signalisiert hingegen Gesprächsbereitschaft.
Bundeskanzler Werner Faymann (S) hat sich nach dem Ministerrat am Dienstag in Sachen Wehrpflichtabschaffung gesprächsbereit gezeigt und damit einen Punkt aus dem eigenen Koalitionsabkommen - das Bekenntnis zur Wehrpflicht - zur Diskussion gestellt. Vizekanzler Josef Pröll (V) beschränkte sich nach der Regierungssitzung darauf, die SPÖ in Gestalt von Bürgermeister Michael Häupl und Verteidigungsminister Norbert Darabos zu attackieren. Gleichzeitig versuchten Faymann und Pröll, sich gegenseitig die Verantwortung für die ausgebrochene Debatte zuzuschieben.
Pröll kritisiert Häupl
Kritik am Vorstoß Häupls kam von Pröll. Der Wiener Bürgermeister habe sich ein paar Tage vor der Wahl in die Debatte eingeschalten, obwohl er viele andere Fragen, wie etwa Integrationsprobleme zu lösen hätte, so Pröll. Der Vizekanzler verwies zudem auf Verteidigungsminister Norbert Darabos (S), der sich erst kürzlich klar zur Wehrpflicht bekannt habe. Es sei daher die Frage nicht an die Bevölkerung zu richten, sondern an den Verteidigungsminister. Dieser müsse zentrale Fragen über das Bundesheer beantworten, über dessen Größe, über internationale Kooperationen, den "Zivildienst, den Assistenzeinsatz und, und, und". Dies alles müsse zuerst geklärt werden, bevor man sich mit der Frage der Wehrpflicht beschäftige.
Wehrpflicht im Regierungsprogramm
Im Regierungsprogramm hatten sich SPÖ und ÖVP noch gemeinsam zur Wehrpflicht bekannt: "Die Bundesregierung bekennt sich zu einem Bundesheer, das auf der allgemeinen Wehrpflicht, Miliz- und Berufskomponenten aufbaut sowie zur Beibehaltung des auf sechs Monate verkürzten Wehrdienstes", heißt es im Kapitel "Landesverteidigung".
Volksbefragung gefordert
Die Debatte über die allgemeine Wehrpflicht sei kürzlich von Außenminister Michael Spindelegger (V) losgetreten worden, der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (S) habe mit der Forderung nach einer Volksbefragung ein zusätzliches Element eingebracht, sagte Faymann. Er selbst hält das grundsätzlich für eine gute Idee. Es sei aber selbstverständlich, dass man zuerst über Alternativen und neue Varianten von einer abgespeckten Form bis hin zu Mischformen diskutieren müsse. Man könne etwas erst abschaffen, wenn man etwas neues habe, sagte der Bundeskanzler.
Die Diskussion werde jedenfalls mit offenem Ende geführt. Die Frage, was mit dem Zivildienst geschieht, wenn die Wehrpflicht abgeschafft werden würde, beantwortete Faymann damit, dass man nicht am Wehrdienst nur wegen des Zivildienstes festhalten dürfe. Wenn das der Fall sein sollte, "müssen wir unsere Hausaufgaben etwas gründlicher machen".
Wehrpflicht für Häupl "nicht zu halten"
Nach seinem Volksbefragungsvorstoß hat Wiens Bürgermeister Michael Häupl (S) nun seine Haltung in der Frage der Beibehaltung bzw. Abschaffung der Wehrpflicht konkretisiert. "Ich gehe davon aus, dass die Wehrpflicht in Österreich nicht zu halten ist", prognostizierte das Stadtoberhaupt "unabhängig von persönlichen Wünschen".
Angesichts der Rahmenbedingungen solle sich das Land darauf vorbereiten, "alle Alternativen in Betracht zu ziehen" - sprich: über ein Freiwilligen- oder Berufsheer nachzudenken. Schließlich sei Österreich umgeben von europäischen Freunden, weshalb es kein unmittelbares Bedrohungsszenario gebe, argumentierte der Bürgermeister.