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Volkskanzler? Kickl könnte an dieser Checkliste scheitern

16.08.2024

Bundespräsident hat das letzte Wort ++ Alternative wäre ÖVP-SPÖ & die Neos

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Eine Hürde. Er lässt sich schon als „Volkskanzler“ feiern. Doch ob es FPÖ-Chef Herbert Kickl nach der kommenden Nationalratswahl tatsächlich in das begehrte Kreisky-­Zimmer schafft, in dem die heimischen Bundeskanzler amtieren — davor stehen einige Fragzeichen. Aber vor allem eine Hürde – und die heißt Alexander Van der Bellen.

Kickl-Checkliste. Der Bundespräsident hat zwar nicht ausdrücklich ausgeschlossen, den FPÖ-Chef nach dessen Amtsenthebung 2019 als Innenminister wieder in eine Regierung zu holen. Andeutungen gibt es aber zuhauf: So verweist VdB gerne darauf, dass es keine Automatik gebe, den Chef der stärksten Partei mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Eine Binsenweisheit, denn einen formellen Regierungsauftrag gibt es gar nicht. Aber der Betroffene – nämlich Herbert Kickl. dessen FPÖ seit 2022 alle Umfragen anführt – weiß schon, dass er gemeint ist. Noch viel schwerer wiegt allerdings die Checkliste, die der Präsident aufzählt — die No-Gos sind wie auf die FPÖ zugeschnitten:

  • Pro EU. So müsse eine Regierungspartei „pro- europäisch sein“ – im oe24-Interview schloss der FPÖ-Chef zuletzt einen EU-Austritt aber nicht aus.
  • Pro Ukraine. Auch hier tickt die FPÖ anders als die anderen Parteien: Kickl fordert den Stopp der Zahlungen an das von Russland schikanierte Land, ja sogar das Raketenabwehrsystem Sky Shield will er abbestellen.
  • Institutionen. Punkt 3. Auch an dem von VdB geforderten Respekt vor staatlichen Institutionen wie etwa Gerichten hat es die FPÖ fehlen lassen.

Was kann VdB? Nur: Kann VdB eine Partei, die auf die 30 % zugeht, tatsächlich von Regierungsämtern ausschließen? Die rechtliche Antwort ist ganz klar: Er kann. Bei der Ernennung des Kanzlers ist VdB frei, oder wie er es beim Start seiner 2. Amtszeit sagte: „Das ist meine höchstpersönlichen Entscheidung. Dafür brauche ich keinen Vorschlag.“

Erinnerungen an Schwarz-Blau 1999/2000

Allerdings: Das hatte 1999/2000 auch Thomas Klestil geglaubt – am Ende musste er Schwarz-Blau angeloben, weil Wolfgang Schüssel und Jörg Haider eine Mehrheit im Parlament hatten.

Und bei Kickl? Da ist die Sache komplexer. Insider gehen davon aus, das der Präsident auch realpolitisch dem Zweiten – das wäre aus heutiger Sicht Karl Nehammer – den Regierungsauftrag erteilen könnte. Nur wenn die FPÖ klar jenseits der 30 %-Marke landet oder extrem deutlich führt, wäre das schwer zu argumentieren. Danach sieht es aber laut den letzten Umfragen eher nicht aus.

VdBs Hebel wäre klar: Alle Parteien hatten beteuert, nicht mit Kickl in einer Regierung sitzen zu wollen. Der FPÖ-Chef wieder erklärte mehrfach, keinen anderen FPÖler den Chefsessel zu überlassen. Der Präsident könnte also nach der üblichen Runde mit den Parteichefs erklären: Kickl bringe eh keine Mehrheit zusammen – also sei Nehammer dran.

Hoffnung auf Dreier-Koalition

Kann das klappen? Es ist zumindest realistisch. Der Präsident müsste darauf hoffen, dass sich drei Parteien – wahrscheinlich wären das ÖVP, SPÖ und Neos – auf ein Programm einigen könnten. Dabei würde VdB hinter den Kulissen versuchen Differenzen auszubügeln und mit seinem Netzwerk Einigungen herbeizuführen.

Macht die ÖVP es wie in NÖ? Auf der anderen Seite wäre VdB darauf angewiesen, dass die ÖVP mitspielt. Ist Nehammer durch ein schwaches Ergebnis geschwächt oder wird er sogar nur Dritter, wäre die blaue Karte rasch wieder am Tisch – und damit zumindestens ein Regierungsmitglied Herbert Kickl. In Niederösterreich wie in Salzburg war zu sehen, wie flexibel die ÖVP sein kann, wenn es um die Macht und Posten geht.

Wagt VdB sogar einen Höllenritt?

Klar, Van der Bellen könnte auch das verhindert – entgegen den FPÖ-Aussagen wäre das auch kein Verfassungsbruch. Doch realpolitisch wohl ein Höllenritt. Wendet sich der Präsident direkt gegen eine klare Parlamentsmehrheit, stünde das Land am Rande einer Staatskrise. Und das weiß der Bundespräsident natürlich auch.

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