Heute gibt es Klarheit: Über Gusenbauers Zukunft, Neuwahlen und Faymanns Standing in der SPÖ. Das Urteil fällt im roten Präsidium.
Alles blickt ab 10 Uhr gespannt auf die Sitzung des höchsten Gremiums der SPÖ. Vom Verlauf dieses Treffens hängt viel ab: Zuletzt erhielt die Führungsdiskussion in der SPÖ neue Brisanz durch ein Interview des neuen SPÖ-Chefs Werner Faymann in ÖSTERREICH. Darin kündigte Faymann an, dass heute über die Doppelführung der Partei abgestimmt werden könnte: „Wenn einer sagt, er möchte etwas abstimmen, stimmen wir es eben ab.“
Kritik
Seit vor drei Wochen das rote Duo installiert wurde,
hatte es etliche kritische Wortmeldungen von SPÖ-Granden gegeben. Zuletzt
preschte ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer vor, der die Führungsfrage schnell
geklärt sehen möchte. Deshalb will er den Parteitag – angesetzt für 9.
Oktober – vorziehen. „Nicht glücklich“ mit der Doppelspitze sind auch
Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller und Kärntens SPÖ-Chefin Gaby
Schaunig: „Die Führungsfunktionen Parteivorsitz und Bundeskanzler gehören in
eine Hand.“
Meuterei
Auch über die neue EU-Linie soll es heute zu Beschlüssen
kommen. Mindestens so viel Kritik wie an der neuen Doppelspitze hatte es zum
EU-Schwenk pro Volksabstimmung gegeben. Burgstaller etwa hatte spitz
angemerkt, dass sie nicht vorher informiert worden sei. Tirols SPÖ-Chef
Hannes Gschwentner sieht den Schwenk „problematisch“. Vor allem die
Vorgangsweise, die neue Haltung der Partei per Brief an ein Kleinformat
bekannt zugeben, will er nicht einfach hinnehmen.
Ins gleiche Horn stößt der NÖ- Parteichef Sepp Leitner. Der Brief „sei nicht unbedingt nötig gewesen“. Über den EU-Vorstoß wird sicher heftig diskutiert.
Dennoch wagte sich gestern niemand aus der Deckung, um eine offene Rebellion anzukündigen. Das könnte heute anders sein.
EU-Kurs spaltet
Klar ist, dass der SP-Schwenk in Sachen
EU-Politik am Montag festgeschrieben wird. Ein Thema, das von der ÖVP zur
Koalitionsfrage hochgehypt wird. VP-Chef Wilhelm Molterer warnte die SPÖ
gestern deutlich, dass die Situation „sehr ernst“ sei. Faymann kontert, er
sei über die Neuwahldrohungen verwundert, werde aber auf seinem Kurs
bleiben.
Molterer: EU-Linie der SPÖ "zweifache Sackgasse"
Vizekanzler
Wilhelm Molterer hat die neue europapolitische Position des
Koalitionspartners SPÖ am Sonntag als eine "zweifache Sackgasse"
bezeichnet. "Wer Zuflucht in einem nationalen Referendum sucht, der
sucht keinen Ausweg, sondern begibt sich in eine Sackgasse." Diese sei
sogar eine zweifache: "Man schadet dem Ansehen Österreichs in Europa
und behindert die wirkliche Pespektive eines europäischen Referendums",
betonte Molterer beim 13. Europa-Forum Wachau in Stift Göttweig bei Krems.
Die ÖVP wolle "nicht Akteur dieses Spiels sein, aber auch nicht nur Statist", betonte Molterer. "Hier braucht es klare Positionierung." Was folgte war ein persönliches Bekenntnis angefangen mit der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968, "warum ich für Europa bin".