Unterschiedlich fielen die Reaktionen auf das Nein der Iren auch in Österreich aus.
"Man kann die irischen Wähler nicht für blöd verkaufen", sagte Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky im Interview mit der Tageszeitung ÖSTERREICH (Samstagausgabe). Vranitzky tritt gegen eine neuerliche Abstimmung über den Lissabon-Vertrag in Irland ein. Das Abstimmungsergebnis erklärt sich der Ex-Politiker mit dem Versagen der europäischen Staatsspitzen: "Die Regierungen, auch Österreich, tun zu wenig, um das europäische Integrationspaket den Bürgern näher zu bringen."
Laut Vranitzky sei die Abstimmung "schief gelaufen", weil "die Menschen bei Volksabstimmungen oft gegen etwas stimmen, was gar nicht zur Debatte steht." Vranitzky: "Viele Iren gaben beim ,Nein' zum Reformvertrag etwa an, gegen die Homo-Ehe zu sein."
Gusenbauer: "Ergebnis ist zu respektieren"
"Das
Abstimmungsergebnis der irischen Bevölkerung ist zu respektieren."
Das sagte Bundeskanzler Gusenbauer in einer ersten Reaktion zur Ablehnung
des Lissabon-Vertrages in Irland. Notwendig sei jetzt eine genaue Analyse,
warum sich die Mehrheit der Iren zu einem Nein entschlossen habe und warum
insgesamt so viele Europäerinnen und Europäer derzeit der EU so skeptisch
gegenüberstünden. "Wir müssen uns sehr genau ansehen, wie das
Projekt Europa attraktiver werden kann. Die Unzufriedenheit Vieler mit der
europäischen Politik muss aber auch zu einer anderen Politik führen. Einer
Politik, die sich verstärkt mit den Problemen auseinandersetzt, die den
Menschen ganz offensichtlich unter den Nägeln brennen," so der
Bundeskanzler.
Fischer: Irland soll Konsequenzen darlegen
Bundespräsident Heinz
Fischer sieht nach dem negativen Ergebnis der Volksabstimmung über den
EU-Reformvertrag die erste Aufgabe der irischen Regierung darin, ihre Sicht
der Konsequenzen darzulegen. "An der Grundtatsache, dass wir im Interesse
künftiger Generationen verpflichtet sind, an einer friedlichen
Zusammenarbeit der Völker Europas und an einer Weiterentwicklung des
Europäischen Projektes zu arbeiten, und dass sich Europa auf der Basis einer
institutionalisierten Zusammenarbeit besser entwickeln kann als nach dem
Prinzip des Konfliktes und der nationalen Egoismen hat sich auch durch das
Abstimmungsergebnis in Irland nichts geändert", betonte er am Freitag.
Swoboda fordert zweite Abstimmung
Fraktion-Vorsitzender Hannes
Swoboda unterstrich weiters, dass der Ratifizierungsprozess weitergehen
müsse. Irland sollte sich dann "in einer zweiten Abstimmung
zwischen der Stärkung der EU und einem Austritt entscheiden, denn dies ist
die wirkliche Entscheidung", betonte er Swoboda.
Voggenhuber: Keine zweite Abstimmung
Nach dem sich abzeichnenden
Nein der Iren zum Lissabonner EU-Vertrag hat der grüne Europaabgeordnete und
Vizepräsidenten des EU-Verfassungsausschusses Johannes Voggenhuber vor Rufen
nach einer zweiten Volksabstimmung auf der grünen Insel gewarnt. Dies würde "eine
tiefe Entfremdung" der Bürger in ganz Europa auslösen, warnte er. "Die
irische Abstimmung steht repräsentativ für das ganze Unbehagen in Europa."
FPÖ: Große Chance
Die FPÖ hat das sich abzeichnende
Nein der Iren zum EU-Reformvertrag als "große Chance für ein anderes
Europa, für ein Europa der Völker und Bürger" begrüßt.
Der heutige Freitag, der 13. sei ein "Glückstag für Europa",
teilte FPÖ-Europaparlamentarier Andreas Mölzer am Freitag mit. Die Iren
hätten "diesem Vertragsmachwerk einer selbstherrlichen politischen
Pseudo-Elite eine Abfuhr erteilt", so Mölzer. Seiner Ansicht nach ist
der Ratifizierungsprozess des EU-Vertrags nun "unverzüglich abzubrechen".
Straches "Geburtstagsgeschenk"
Für ihn, Strache, sei
das Nein der Iren das schönste Geschenk, das er sich für seinen gestrigen
Geburtstag vorstellen habe können. Der europäische Zentralstaat sei damit
definitiv gefallen, die Staaten und Völker hätten damit wieder die
Möglichkeit auf eine gedeihliche Weiterentwicklung ihrer gewachsenen
Identitäten.
Leitl: Chance für Europa
"Nun schlägt die Stunde
derer, die eine echte Vertiefung Europas wollen", meinte
Wirtschaftskammer-Chef Leitl. Die Absag zum Reformvertrag wäre für ihn zwar
bitter, gleichzeitig wäre es aber eine Chance für Europa die Beziehungen zu
vertiefen.
Freude bei BZÖ
Das sich abzeichnende negative Votum der
Iren zum EU-Reformvertrag wird auch vom Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ)
bejubelt. Der Vertrag von Lissabon sei "gestorben und in der
historischen Mülltonne entsorgt", teilte BZÖ-Chef Peter
Westenthaler mit. Das klare Nein zeige, dass nicht nur Irland, sondern der
überwiegende Teil der Bevölkerung in der EU den Reformvertrag ablehne. "Die
Iren sind heute die Retter der Demokratie in der EU. Bravo Irland!"