Alt-Bundeskanzler Franz Vranitzky (1986-1997) zeigte sich im Interview mit oe24 betroffen über den Tod seines einstigen Weggefährten Hannes Androsch.
Hannes Androsch und Alt-Bundeskanzler Franz Vranitzky (87) prägten seit den 1970er Jahre lange Zeit die politische Landschaft Österreichs. Im Interview mit oe24 erzählte der einstige SPÖ-Chef über die Beziehung zu seinem Parteikollegen und wie sehr ihn der Verlust menschlich berührt. "Also mich hat die Nachricht von seinem Ableben sehr bestürzt, nicht zuletzt deshalb, weil vor gar nicht langer Zeit er eine große, schwere Operation hatte, die erfolgreich verlaufen ist, und er mir en passant gesagt hat, dass es ihm sehr gut geht, und dass er sehr zufrieden mit seinem neuen Leben ist", verriet Vranitzky.
Auf die Frage hin, wie ihm Hannes Androsch in Erinnerung bleiben wird, und was er Österreich hinterlässt, meinte Vranitzky: "Ich habe in seinem Mitarbeiterkabinett eine Zeit lang gearbeitet und ihn dabei sehr gut kennengelernt. Und ich kann sagen, er ist unzweifelhaft das, was man einen politischen Kopf nennt. Er war nicht nur ein erfolgreicher Finanzminister, sondern hat auch übergeordnet über die nationalen und internationalen politischen Zusammenhänge nicht nur bestens Bescheid gewusst, sondern auch immer bestens geurteilt."
Karriere als Politiker und Industrieller
Was Androsch nach dem Ende seiner politischen Karriere als Industrieller so erfolgreich gemacht hat, wusste der österreichische Bundeskanzler von 1986 bis 1997 natürlich zu beantworten: "Er war ausgebildeter Betriebswirt und Steuerberater, der sich nicht nur in der Politik gut ausgekannt hat, sondern eben auch in allem, was Unternehmen und Unternehmensführung betrifft. Darin war er sehr beschlagen. Und er hat mit dem Einstieg in die Elektronikindustrie eine der modernsten und notwendigsten Laufbahnen betreten und sich dort gut geschlagen. Im Prinzip hat er ein österreichisches Flaggschiff auf diesem Gebiet aufgebaut - mit großer nationaler und internationaler Bedeutung. Insgesamt hat er eine Richtung vertreten: Er war zwar Sozialdemokrat, aber er hat auch immer gesagt, die Wirtschaft muss ebenfalls im Mittelpunkt stehen, denn auf die darf man nicht vergessen."
Ob es denn eine gute Richtung für die SPÖ sei, nicht ganz links zu sein, sondern auch sehr rational in wirtschaftlicher Hinsicht zu agieren, beantwortete Vranitzky wie folgt: "Politik allein wird die Antworten auf unsere Fragen nicht geben und Wirtschaft allein auch nicht. Es ist eine klare Notwendigkeit, die politische Überzeugung mit der Umsetzung in praktische Politik sinnvoll zu verknüpfen." Soll heißen: "Kommunizierende Gefäße sowie Rahmenbedingungen, wie sie die Politik schafft, ermöglichen der Wirtschaft, sich zu entwickeln - und das hat Androsch eindeutig verkörpert.
"Eine der ganz großen Nummern in der österreichischen Politik"
Zur Erinnerung: "Androsch ist ja der Vater einer der bedeutendsten und größten Steuerreformen, die in Österreich jemals durchgeführt wurden - und wo die Steuerreform auch diesen Namen verdient. Er war ein Vertreter der Hartwährungspolitik, er war ein Vertreter seiner Feder, die eine ganz beachtliche Weichenstellung für die wirtschaftliche Entwicklung und damit für die politische Entwicklung Österreichs beinhaltet. Das muss man alles so mit übergeordnetem Blick sehen. Und da ist er sicherlich eine der ganz großen Nummern in der österreichischen Politik."
Abschließend ergänzte Vranitzky: "Und was jetzt die Industrie betrifft, hat er, so wie ich das verfolgt habe, eine Unternehmenspolitik betrieben, die mit den internationalen Beziehungen verknüpft hat. Er hat ja immer wieder darauf hingewiesen, dass Österreich großartig, aber als Markt für die Aufrechterhaltung unserer Wirtschaftskapazität zu klein ist. Aus diesem Grund müsse man über die Grenzen gehen - und das ist ihm zweifellos gelungen."