"Wahlwexel"

Wähler verschenkten Stimmrecht

26.09.2013

Im Wiener WUK konnten Nicht-Wahlberechtigte ihre Stimme abgeben.

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© WIENWOCHE/Drago Palavra
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"Wir haben eine amputierte Demokratie", ärgert sich Camaran. Der gebürtige Iraker musste Anfang der 1990er-Jahre aus seiner Heimat fliehen. Seit 21 Jahren lebt er nun in Österreich, an der Nationalratswahl am Sonntag darf er mangels Staatsbürgerschaft aber wieder nicht teilnehmen. "Ich lebe hier, kann aber nicht mitentscheiden", kritisiert er im Gespräch. Sein Kreuzchen hat er diesmal trotzdem gemacht - wenn auch über Umwege. Camaran hat an der Aktion "Wahlwexel" teilgenommen, die am Mittwochabend im Wiener WUK über die Bühne ging.

Demokratieexperiment
Das Demokratieexperiment - eingebettet in das Kulturprogramm der von den Grünen initiierten "Wienwoche" - hat sich zum Ziel gesetzt, Nicht-Stimmberechtigten die Teilnahme am Urnengang doch zu ermöglichen. Die Idee: Wahlberechtigte stellen ihr Wahlrecht zur Verfügung und votieren somit im Auftrag einer Person, die per Gesetz nicht abstimmen darf. Im Fall von Camaran hat Heide ihr Kreuzchen zur Verfügung gestellt - wobei: "Wir kennen uns schon lange und haben ähnliche Einstellungen. Es war also nicht so ein großes Wagnis", lacht sie. Die Frage, ob sie mit ihrem Stimmrecht auch so freizügig umgegangen wäre, hätte ihr Kumpel eine Partei favorisiert, die nicht ihrer Überzeugung entspricht, lässt sie unbeantwortet.

   Unter den Erstwählern sind beispielsweise auch Ivana, geborene Oberösterreicherin mit kroatischen Wurzeln, oder eine seit 15 Jahren in Wien lebende Deutsche, die dank ihrer dunkelhäutigen Freundin am Urnengang teilnehmen durfte. Mehr als 150 Leute kamen gestern ins WUK und fanden dort "Buddys" u.a. aus Deutschland, Frankreich, Finnland, Großbritannien, Kenia, Singapur, Afghanistan, Serbien und Kroatien, ließen die Initiatoren wissen.

   Die Wahlpaare konnten sich vor der eigentlichen Stimmabgabe noch im Innenhof beraten. "Ich hab mich 20 Jahre nicht für Politik interessiert, aber hey - Scheiße, jetzt muss ich mich wirklich damit auseinandersetzen", war da etwa von einer Neo-Wählerin zu hören. Die mitgebrachten Wahlkarten wurden dann von den jeweiligen Inhabern alleine und zwecks Wahrung des Wahlgeheimnisses in einer der zwei aufgebauten Wahlkabinen in der Halle ausgefüllt.

   Weil der Aktionismus nicht zu kurz kommen durfte, marschierten die Teilnehmer schließlich im Tross, begleitet von einer Live-Kapelle mit Balkansound und ausgestattet mit gelben "Her mit deiner Stimme"-Ballons zum nächsten Briefkasten, um die Wahlkarten kollektiv einzuwerfen. Danach ging es wieder ins WUK zur Wahlparty - "Prolo-Karaoke für alle" inklusive.

 

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