Kogler übernimmt nach Rauswurf aus Nationalrat die Abwicklung der Grünen.
Die Grünen haben erste Konsequenzen aus ihrer schweren Wahlniederlage gezogen: Ingrid Felipe ist als Bundessprecherin abgetreten, Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek zieht sich aus dem EU-Parlament zurück. Die Parteiführung übernimmt vorerst Vizeparteichef Werner Kogler. Die ÖVP bereitet sich indessen auf Koalitionsverhandlungen vor und will "Annäherungsgespräche" mit allen Parteien führen.
Einen Plan für die nächsten Monate wollen die Grünen am Freitag gemeinsam mit den Landesparteien erstellen. Sie wollen nun auch zusammenlegen, um die rund fünf Mio. Euro Schulden der Bundespartei zu schultern. Koglers erste Aufgabe ist die Abwicklung der Partei, bei der (inklusive Parlamentsklub) nun 110 Mitarbeitern die Kündigung droht. Lunacek sprach von der schlimmsten Krise der Grünen seit Einzug in den Nationalrat vor 31 Jahren.
FPÖ will in Regierung
Vor den Grünen hatten schon die FP-Gremien getagt. FP-Chef Heinz Christian Strache deponierte dabei neuerlich die Bereitschaft zu Regierungsverhandlungen: "Es wäre vernünftig, an uns heranzutreten und ernsthafte Gespräche zu führen. Wir wollen Verantwortung übernehmen." Am Zug sei nun Wahlsieger ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Strache ließ zwar offen, ob er lieber mit der ÖVP oder der SPÖ zusammenarbeiten würde. Als Hindernis sieht er aber den nach wie vor aufrechten Parteitagsbeschluss der SPÖ gegen eine rot-blaue Koalition auf Bundesebene.
Die meisten blauen Landeschefs waren bemüht, keine Koalitionspräferenz zu zeigen. Allerdings betonte Manfred Haimbuchner aus Oberösterreich, dass die dortige Zusammenarbeit mit der ÖVP "ganz gut" funktioniere. Der steirische Landesparteichef Mario Kunasek ließ eine schwarz-blaue Präferenz durchblicken, als er meinte, dass das ÖVP-Wahlprogramm eindeutig freiheitliche Handschrift trage. Und Wiens geschäftsführender Obmann Johann Gudenus: "Wir reden mit allen, wenn wir eingeladen sind."
ÖVP-Vorstand tagte
Die ÖVP möchte sich für die kommenden Regierungsverhandlungen alle möglichen Varianten offen halten und zunächst die Gespräche mit den Parlamentsparteien abwarten. Dies berichtete ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger am Dienstagabend nach einer Vorstandssitzung der Volkspartei. ÖVP-Chef Sebastian Kurz habe für die Koalitionsverhandlungen das volle Pouvoir seiner Partei, erklärte Köstinger.
Festlegungen auf bestimmte Koalitionen gab es in den ÖVP-Gremien noch nicht. Koalitionspräferenzen waren nach der Vorstandssitzung nur zwischen den Zeilen herauszulesen. Mehrmals betonte Köstinger etwa, dass es eine "echte Veränderung" brauche, was eher nicht auf einer Neuauflage der Koalition mit der SPÖ deutete. "Es braucht eine neue Art der Zusammenarbeit und ein neues politisches Miteinander. Die Wähler haben sich für Veränderung entschieden und uns einen klaren Auftrag zur Veränderung mitgegeben", sagte die ÖVP-Generalsekretärin.
Angesprochen auf eine mögliche Fortsetzung der Koalition mit der SPÖ meinte Köstinger, dass man derzeit ja noch gar nicht wisse, ob Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern überhaupt bereit sei, als Vizekanzler in eine Regierung zu gehen. Nach wie vor geht man in der ÖVP aber ohnehin davon aus, dass die SPÖ mit FPÖ im Hintergrund bereits eine mögliche rot-blaue Koalition auslote. Den gestrigen Schwenk von Kern und der SPÖ in Richtung FPÖ habe man mit Interesse registriert, so Köstinger. Eine SPÖ-FPÖ-Koalition würde jedenfalls nicht dem Wählerwillen entsprechen.
Regierung beschloss Rücktritt
Bis die neue Koalition steht, bleibt die rot-schwarze Regierung Kern im Amt. Der Tradition entsprechend hat die alte Regierung am Dienstag nach der Wahl ihren Rücktritt beschlossen und wurde von Van der Bellen mit der provisorischen Fortführung der Geschäfte betraut. Der Bundespräsident versicherte bei dieser Gelegenheit, die inhaltlichen Ziele, aber auch die personellen Vorschläge der künftigen Regierung sehr genau prüfen zu wollen. "Ich werde darauf achten, dass die in unserer Bundesverfassung festgeschriebenen europäischen Grundwerte der Kompass für die Zukunft Österreichs bleiben", sagte Van der Bellen.
Hier finden Sie den Live-Ticker zum Nachlesen.