Wahl-Insider

Rot-blauer Flirt als Rache an VP

29.09.2017

Warum an einer rot-blauen Koalition gebastelt wird. Wann sie ­realistisch wäre. Und wann nicht.

Zur Vollversion des Artikels
© TZOE/Kernmayer
Zur Vollversion des Artikels

Nach dem EU-Ratsgipfel in Tallinn erklärte SPÖ-Kanzler Christian Kern, dass die Regierungschefs der EU-Länder „besorgt über eine Regierungsbeteiligung der FPÖ“ seien.

Damit spielt Kern freilich auf die – nicht unwahrscheinliche – Variante einer schwarz-blauen Koalition nach der Nationalratswahl an. Aber: Auch eine rot-blaue Politehe ist mittlerweile nicht mehr auszuschließen. Das berichten derzeit Vertreter von SPÖ und FPÖ hinter vorgehaltener Hand.

Schwarze behaupten zudem, dass rote Mitarbeiter ihnen „wütend sagen, selbst wenn Kurz gewinnt, boxen wir Euch mit Rot-Blau aus der Regierung“. Was ist also wirklich dran an diesem rot-blauen Gespenst, dass zwei Wochen vor der Wahl durch die Gegend fliegt?

Mehrere Geheimtreffen und ein Nichtangriffspakt

Wut. Rot und Blau eint derzeit jedenfalls die Wut auf VP-Kanzlerkandidat Sebas­tian Kurz. Kein Wunder: Immerhin räumt er laut Umfragen jede Menge Wähler ab und deklassiert die SPÖ zumindest auf Platz zwei. In der roten Welt ist man angesichts parteiinterner Umfragen aber hoffnungsvoll, dass Kern im Vergleich zur Nationalratswahl 2013 doch dazugewinnen könne. Ex-SP-Kanzler Werner Faymann fiel damals auf den historischen Tiefstand von 26,9 Prozent. Kern habe „sensationelle Persönlichkeitswerte“ heißt es aus der SPÖ.

Sollte der SPÖ-Chef 28 Prozent schaffen, wollen viele in seinem Umfeld, dass er dann eine rot-blaue Koali­tion versucht. Im Hintergrund gab es jedenfalls in den vergangenen Monaten mehrere Geheimtreffen zwischen SPÖ-Spitzenvertretern und FPÖ-Chef Heinz-Chris­tian Strache. Auch mehrere Gespräche, an denen Kern teilgenommen hat.

Laut Insidern wurde da auch diese Variante – eine Koalition des Zweiten mit dem Dritten – besprochen. Die blaue Bedingung dafür: mindestens acht Mandatare Überhang. Sollte Kern für so ein Risikospiel doch nicht zur Verfügung stehen, würden wohl die burgenländischen Roten – Hans Niessl oder Hans Peter Doskozil – bereitstehen.

Zerreißprobe für Rote, Hoffen auf Platz eins

Das würde freilich zu einer Zerreißprobe der SPÖ führen. Immerhin müsste so ein Koalitionspakt einer SPÖ-Urabstimmung unterzogen werden. Und die SPÖ Wien lehnt eine solche Koalition klar ab.

Im Kanzleramt hofft man aber ohnedies noch darauf, dass die SPÖ doch noch Platz eins schaffen könnte. In den letzten zwei Wochen wollen die Roten jetzt massiv eine Richtungswahl gegen Schwarz-Blau ausrufen und so Wähler der Grünen, von Peter Pilz und den Neos für sich gewinnen. Um dann Rot-Blau zu machen?

(Isabelle Daniel)

Zur Vollversion des Artikels