"Jetzt sollten wir Türkis-Grün machen", hätten die Ex-VP-Chefs Wolfgang Schüssel, Josef Pröll und Michael Spindelegger dem VP-Wahlsieger Sebastian Kurz noch am Wahlabend gesagt. Allen Beteiligten sei aber klar, dass es "zwar machbar, aber schwierig" sei, berichten VP-Strategen. Auch Grünen-Wahlsieger Werner Kogler soll bereits mit seinen Länderchefs über mögliche Regierungsverhandlungen reden.
Wer ist Sigi Maurer?
Als hohe Hürde für Türkis-Grün gilt Sigi Maurer. Die streitbare Grüne schaffte gerade erst den Wiedereinzug in den Nationalrat und polarisiert wohl wie keine andere Politikerin Österreichs. Doch wer ist eigentlich Sigi Maurer.
Geboren wurde Sigrid Maurer 1985 in Tirol, dort wuchs sie im ländlichen Stubaital auf und begann in Innsbruck Musikwissenschaft und später auch Politikwissenschaft zu studieren. Auf der Uni begann sich Maurer politisch zu engagieren und wurde Mitglied der Grünen & Alternativen Student_innen (GRAS).
Karriere in der ÖH
In der ÖH gelang der Tirolerin dann ein starker Aufstieg. Nach ihrem Umzug nach Wien war sie von Juli 2009 bis Juni 2011 ÖH-Vorsitzende. In dieser Zeit sorgte Maurer dann auch für einen ersten Skandal. Nachdem sie im Dezember 2010 während der Debatte über das Budget von der Besuchergalerie aus Flugzettel in den Plenarsaal des Nationalrates geworfen hatte, bekam sie ein 18 Monate langes Hausverbot für das Parlament.
Nach ihrer Zeit in der ÖH kandidierte Maurer für die Grünen und zog 2013 in den Nationalrat ein. Für großes Aufsehen sorgte dann aber ihr Abschied aus dem Parlament. Auf Twitter zeigte sie ihren Hatern den Mittelfinger – ein Shitstorm war die Folge.
Bierwirt-Prozess
Nach ihrer Zeit als Abgeordnete machte Maurer mit dem sogenannten Craft-Beer-Prozess für Aufregung. Die Tirolerin bekam über den Facebook-Account eines Wiener-Ladeninhabers obszöne Nachrichten. Maurer machte diese Nachrichten öffentlich, wodurch sie der Inhaber wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts und Kreditschädigung auf 60.000 Euro klagte. Im Oktober 2018 wurde Maurer dann vom Landesgericht wegen übler Nachrede schuldig gesprochen und zur Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro und einer Entschädigung in Höhe von 4000 Euro verurteilt. Das Oberlandesgericht hob das Urteil jedoch auf, der Prozess wird derzeit wiederholt.
Bei den Nationalratswahlen 2019 kandidierte Maurer wieder für die Grünen und schaffte über die Wiener Landesliste den Einzug in den Nationalrat. Unmittelbar nach der Wahl ließ die inzwischen 34-Jährige mit Bedingungen für eine türkis-grüne Koalition aufhorchen. Dafür müsste es inhaltlich schon eine "komplette Wende" geben. Derzeit gebe es zwischen den beiden Parteien in vielen Bereichen jedenfalls "keine Schnittmenge". "Wir werden vor Gesprächen aber nicht davonrennen - wir werden sie suchen", betonte Maurer. Die Chance für eine türkis-grüne Koalition wollte Maurer aber nicht bewerten. Für die Grünen sei es jetzt vorrangig, sich wieder im Nationalrat einzuarbeiten und Ressourcen aufzubauen. Das grüne Ergebnis sei jedenfalls "ein Wahnsinn", es handle sich um eine "Sensationswahl".
Diese Grünen könnten Minister werden
Mit ein paar wenigen Ressorts wollen sich die Grünen nicht von der ÖVP – falls es zu einer türkis-grünen Koalition kommen sollte – abfertigen lassen. Zudem soll Grün-Wahlsieger Werner Kogler klare Vorstellungen über eine „gänzlich neue Ressortaufteilung“ haben:
Der Grüne selbst überlegt, selbst Klubchef zu bleiben und so für Stabilität im Parlamentsklub zu sorgen, ventilierte er zumindest vor der Wahl via oe24.TV-Interview.
In diesem Fall würde man versuchen, den einstigen grünen Parteimanager und Vertrauten von Bundespräsidenten Lothar Lockl als Vizekanzler und Außenminister zu gewinnen.
Lothar Lockl könnte Vizekanzler und Außenminister sein.
In der grünen und türkisen Welt geht man allerdings logischerweise davon aus, dass Kogler selbst – nach dem einstigen Modell des deutschen Grünen Joschka Fischer – Vizekanzleramt und Außenministerium selbst bezieht.
Kogler will jedenfalls die Ressorts Umwelt und Wirtschaft – zum Schrecken der VP – in einem Ressort bündeln und an die grüne Nummer zwei Leonore Gewessler übergeben.
Umwelt- & Wirtschaft? Leonore Gewessler könnte diese Ressorts verwalten.
Die grüne Landesrätin von Salzburg, Astrid Rössler könnte – je nach Schilderung – entweder Infrastruktur- oder Bildungsministerin werden.
Astrid Rössler könnte Infrastruktur & Bildung erhalten.
Jedenfalls solle es in einer Regierung mit den Grünen „zumindest 50 Prozent Frauen im Regierungsteam geben“. Etwas, das auch VP-Chef Sebastian Kurz – er will großteils mit seinem bisherigen Team weitermachen – anstrebt.
Türkise Fixstarter: Hartwig Löger, Margarete Schramböck und Elisabeth Köstinger sollen wieder in ihre alten Ressorts zurück.
Jabloner als Justizminister, Ratz für Innenressort?
Experten. Die Grünen fordern außerdem einen parteiunabhängigen Innenminister. Die ÖVP zeigt sich einverstanden. Möglich wäre etwa die Rückkehr des Kurzzeit-Innenministers Eckart Ratz oder, dass der derzeitige Innenminister von Brigitte Bierlein, Wolfgang Peschorn, im Innenressort bleibt.
Eine Überraschung wäre auch im Justizministerium möglich – als Zeichen der Breite könnte der derzeitige Justizminister (SPÖ-nahe) bleiben, falls der einstige Verwaltungsgerichtshofpräsident das überhaupt anstrebt. Die Grünen wollen nur ein Ressort nicht: das Verteidigungsressort, obwohl dort mit Thomas Starlinger bereits ein Vertrauter von Bundespräsident Alexander Van der Bellen sitzt.
Der Ankauf neuer Abwehrjets könnte freilich ohnehin problematisch werden.
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