Grosz gesagt: Der kritische Blick

'Wasser predigen und Wein saufen'

27.05.2021

Polit-Blogger und oe24-Kolumnist Gerald Grosz kommentiert für Sie die Polit-Woche in seiner bekannt charmanten Art.  

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Lieber User und Seher von oe24

Willkommen bei GROSZ GESAGT, dem überaus kritischen Blick auf die aktuellen Geschehnisse unserer Zeit! Kritisch, direkt, unabhängig – und scharf wie Messer! Versprochen.
Der lustige politische Polit-Zirkus von Wien erinnerte diese Woche dann doch wohl mehr an den Basar von Damaskus. Wie die Pistazien- und Rosinenzähler feilschten Bundeskanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister „Mücke“ Mückstein medienöffentlich um die einzelnen Öffnungsschritte nach den dunklen Corona-Wintermonaten.

Ein Millimeterkampf setzte ein, jeder Millimeter ein Tag mehr in Richtung Freiheit. Der Kanzler, seines Zeichens die letzten 14 Monate oberste Corona-Domina der Nation, sah seine einmalige Chance gekommen – sicherlich erleuchtet durch den Heiligen türkisen Geist und das Pfingstfest - vom Saulus des alternativ- und endlosen Lockdowns zum Paulus der Freiheit, also zum neuen Andreas Hofer für Arme des Post-Corona-Zeitalters zu mutieren. Reziprok zum Anstieg jener Gruppe an Bürgern, die bei den Auftritten von Kurz in den Bundesländern wenig schmeichelhaft oder huldvoll „Kurz muss weg“ schrien, entwickelte der türkise Häuptling einen ungeahnten, um nicht zu sagen hyperaktiven Eifer, bereits zwei Tage nach der Gastroöffnung weitere Erleichterungen für das geknechtete Volk mit Datum 17. Juni zu verkünden.

Mehr hat’s an sich nicht gebraucht, dass für die Reichshälfte der im Volksmund auch als Schnittlauchkommunisten titulierten GrünInnen der durch die Nachrichtenlage überrumpelte Gesundheitsminister sein lautes Njet, sprich sein Veto einlegte um dann doch nach langen 48 Schreckstunden zurückrudernd den Weg in die Öffentlichkeit zu suchen, um seinerseits die nächsten Öffnungsschritte überhaupt bereits mit 10. Juni anzukündigen. Warum der Zehnte? Mein bescheidener an die voraussehenden Regenten dieses Landes an dieser Stelle gerichteter Vorschlag: Warum nicht fünfter Juni oder überhaupt gleich morgen? Denn wenn dieser neue Wettlauf um die Gunst der Wähler, der dann doch eher an einen besoffenen Slalom erinnert, durch pures Kalkül und Schielen auf den parteipolitischen Millimetergewinn getragen wird, hätte ich mir ein ambitionierteres Vorgehen beider Kontrahenten erwartet.

Weniger ambitioniert hingegen sind die Pläne um den sogenannten Grünen Pass, also die virologische Ohrenmarke, die uns die Freiheit wieder schenken soll. Im Nationalrat von allen Parteien, außer der FPÖ beschlossen, gilt nun als oberste gesundheitspolitische Maxime des Landes das sogenannte 3G. Genesen, geimpft oder getestet lauten diese neuen Anforderungen an den Bürger, mit denen er sich die Freiheit erkaufen kann, aber nur dann, wenn er sich künftig auch durch einen sogenannten grünen Pass markieren lässt. Dass es auch noch ein viertes G, nämlich die Gesunden gibt, scheint der Regierung gänzlich entgangen zu sein. Was auch ehrlich gesagt kein Wunder ist bei so viel verkündeter Krankheit, die seit mehr als einem Jahr medial auf uns niederprasselt. Niederprasselnde Medienmeldungen behandeln diese Woche auch noch immer die halbseidenen Vorgänge in der Truppe um Sebastian Kurz.

Nun ist auch ausgerechnet seine Justizsprecherin im Parlament ins Fadenkreuz der Justiz geraten, die Justiz bläst ihrerseits weiterhin zum Halali auf die ÖVP. Langsam aber sicher stellt sich daher beim Anblick dieser supersauberen Regierungspartei nicht mehr die Frage, wer von den Staatsanwälten gejagt wird, sondern wer von diesem erlauchten Kreis noch nicht den Bonus eines Beschuldigtenstatus vor Gericht erlangt hat. Ob die Dame den Weg auch von der Parlamentsbank auf die Anklagebank findet, bleibt abzuwarten. Denn wie immer an dieser Stelle zum gefühlt 1000sten Mal: Es gilt die Unschuldsvermutung! Diese verteidigte übrigens auch jüngst das Orakel aus der Hofburg.

Es gelte für alle Menschen in unserem Land die Unschuldsvermutung, außerdem sei das politische Klima in diesem Land vergiftet, sorgte sich der bisher nur durch Schweigen aufgefallene Bundespräsident um den Zusammenhalt im Land. Zu den justiziellen Ermittlungen gegen große Teile seiner Regierung fand er hingegen keine Worte. Vor zwei Jahren tönte diesbezüglich aus dem Schlafzimmer Maria Theresias noch das mahnende wie warnende „So sind wir nicht“ mit Blick auf die exakt vor 2 öffentlich gewordenen spanischen Urlaubsgeschichten zweier gefallener österreichischer Politiker.

Der mit den Sangria-Träumen Straches nicht in Verbindung stehende damalige Innenminister Herbert Kickl wurde auf Verdacht hin vom Bundespräsidenten abberufen. Diesmal scheint es anders zu sein. Und es bewahrheitet sich die These: Es kommt eben in unserem Land längst nicht mehr darauf an, was man anstellt, sondern vor allem wer es anstellt. Manche sind gleich und viele sind eben gleicher. Auch eine Form der Heuchelei. Wasser predigen und Wein saufen gilt neben der Unschuldsvermutung als geflügelter Wappenspruch unseres Landes.

Ich sage nur: Gott schütze Österreich und wünsche Ihnen noch schöne Tage, bis es nächste Woche wieder heißt: Grosz gesagt.

  

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