Anders als Spindelegger kann sich Pröll keine Volksbefragung vorstellen.
Vizekanzler und ÖVP-Obmann Josef Pröll lehnt die von der SPÖ angestrebte Volksbefragung über eine Neuregelung der Landesverteidigung und eine etwaige Abschaffung der Wehrpflicht ab und plädiert dafür, dass die Politik eine Entscheidung trifft. Pröll widerspricht damit auch seinem Außenminister Michael Spindelegger, der sich am Ende einer Debatte eine Volksbefragung vorstellen kann.
Politik soll Handlungsfähigkeit beweisen
Der Vizekanzler erklärt dazu: "Wir müssen ein Signal setzen, dass die Politik handlungsfähig ist, dass gewählte Vertreter entscheiden. Wir dürfen nicht einen Volksentscheid generell zu einem Instrument machen, um zwei wahlfreie Jahre zu überbrücken. Ich will eine Entscheidung auf Regierungsebene, nicht Abwarten, Stillstand, Delegieren. Wir sind gewählt und bezahlt, um zu arbeiten und zu entscheiden."
Spindelegger fordert Seriosität
Die ÖVP hat in der Wehrpflicht-Debatte die SPÖ zu mehr Seriosität aufgerufen. "Die SPÖ hat die Konsequenzen ihres Handelns nicht ausreichend bedacht. Die Wehrpflicht alleine abzuschaffen, ist zu wenig", sagte Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP). Die Kernfrage sei nämlich, wie die Sicherheit Österreichs gewährleistet werden könne und welche Aufgaben das Bundesheer erfüllen solle. Eine Volksbefragung sei für die ÖVP vorstellbar, diese könne aber erst am Ende der Debatte stehen, so der Außenminister.
Kernaufgaben
Für Spindelegger sind drei Kernaufgaben des Bundesheers auch in Zukunft "unverzichtbar": Der Katastrophenschutz, die Auslandseinsätze und der Schutz kritischer Infrastruktur. Er hob als Außenminister besonders die Auslandseinsätze hervor. Das Bundesheer habe sich hier ein "hohes Prestige" erarbeitet. Was die Wehrpflicht betrifft, plädiert die ÖVP weiter für einen Präsenzdienst neu. Konkret will sie die Kriterien für die Musterung verschärfen und so weniger Rekruten einberufen.
Umstellung
Das alles solle man diskutieren, man müsse sich aber im Klaren darüber sein, was eine Umstellung bedeuten würde. Wie schaue es mit den Aufgaben aus, die das Bundesheer jetzt erfülle und wie werden die Tausenden Zivildiener ersetzt, fragte Spindelegger. Ohne Zivildiener stünden nämlich viele Organisationen vor dem Aus.
Die ÖVP wolle alle Vor- und Nachteile der verschiedenen Systeme diskutieren. Im Zentrum stehe für sie dabei die Sicherheit des Landes, so Spindelegger. Am Ende könne man sich eine Volksbefragung und grundlegende Änderungen vorstellen, aber zuvor müssten alle Varianten und Möglichkeiten auf politischer und auf Experten-Ebene seriös diskutiert werden.
Darabos weist Kritik zurück
Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) hat die Kritik seines Regierungskollegen am Vorgehen der Sozialdemokraten in der Bundesheer-Debatte zurückgewiesen. Die Entscheidung über die Zukunft des Bundesheeres werde "gewissenhaft und gründlich vorbereitet", sagte Darabos.
Er habe Ende Dezember dem Koalitionspartner einen Vorschlag zur neuen Sicherheitsstrategie unterbreitet, welche die Grundlage für die Ausrichtung des Bundesheeres darstelle. Und demnächst werden mit den Heeresmodellen alle Fakten zu den verschiedenen Wehrsystemen auf den Tisch gelegt. "Damit wird die Diskussion rund um die allgemeine Wehrpflicht in sachliche Bahnen gelenkt", so Darabos. "Seriosität" zeichne sich auch dadurch aus, "erst die Fakten abzuwarten, bevor man sich eine Meinung bildet und eine Entscheidung trifft", sagte der Minister in Richtung Spindelegger, der der SPÖ attestiert hatte, "die Konsequenzen ihres Handelns nicht ausreichend bedacht" zu haben.
Der Verteidigungsminister begrüßte es, dass sich "nun auch die ÖVP eine Einbindung der Bevölkerung in dieser Frage vorstellen kann". Er kritisierte aber, dass "Teile der ÖVP Nein zu einer Reform sagen, noch bevor die Modelle präsentiert wurden".
BZÖ ortet Chaos in der Regierung
Das BZÖ ortete indes ein "völliges Chaos" innerhalb der rot-schwarzen Bundesregierung. Während Darabos auf einen Losentscheid, "welches Modell er nun präferieren soll", setzte, wisse die ÖVP überhaupt nicht, was sie in der Frage der Wehrpflicht wolle. "SPÖ und ÖVP fügen dem Österreichischen Bundesheer damit einen enormen Schaden zu", kritisiert BZÖ-Wehrsprecher Kurt List.