Korruption
Weisungen müssen offen gelegt werden
31.10.2007
Der weisungsfreie Sonderstaatsanwalt für den Korruptionsbereich kommt nicht. Die ÖVP war gegen den Vorschlag von SPÖ-Justizministerin Berger.
Einen weisungsfreien Sonderstaatsanwalt für den Korruptionsbereich wird es nicht geben. Die ÖVP hat den Vorschlag von SPÖ-Justizministerin Maria Berger abgelehnt. Stattdessen kommt aber die "volle Transparenz" aller Weisungen in allen staatsanwaltschaftlichen Bereichen. Die geplante "große" Kronzeugenregelung ist auch herausgefallen. Dieser Antikorruptions-Entwurf ist am Mittwoch durch den Ministerrat gegangen.
Weisungen müssen offen gelegt werden
Das
Strafrechtsänderungsgesetz 2008 sieht vor, dass alle Weisungen zu
Vorhabensberichten von Staatsanwälten - also auch, aber nicht nur im Bereich
der Korruption - offen gelegt werden. Dem Akt wird einfach eine schriftliche
Ausfertigung der Weisung beigefügt. Über eingestellte Verfahren - und den
Weisungen dazu - wird die Justizministerin dem Parlament regelmäßig
berichten.
Volle Transparenz
Dem Justizministerium berichtet werden muss in "clamorosen"
Fällen besonderen öffentlichen Interesses - z.B. wenn es um Politiker oder
Prominente geht. Die Staatsanwaltschaft übermittelt ihren Vorhabensbericht
der Oberstaatsanwaltschaft und diese dem Ministerium. Diese "Weisungskette
der Anklage" soll künftig transparent werden.
Berger: "Großer Fortschritt!"
Berger hatte
ursprünglich nur für den Korruptionsbereich eine weisungsfreie
Sonderstaatsanwaltschaft geplant. Mit dem jetzigen Kompromiss ist sie
zufrieden: Es sei doch ein "großer Fortschritt", wenn die
Transparenz erhöht wird - "und das in einem breiteren
Anwendungsgebiet", meinte sie. Damit trete man dem Nimbus, dass bei
Verfahren politisch interveniert wird, entgegen: "Dann kann man lesen,
was das Ministerium mit der Staatsanwaltschaft kommuniziert hat. Das ist
meistens unaufregend."
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20 Experten ab 2009
Eine Sonderstaatsanwaltschaft für den
Korruptionsbereich richtet Berger dennoch ein. Rund 20 Staatsanwälte und
Experten werden ab 1. Jänner 2009 bundesweit tätig sein; mit Außenstellen in
Linz, Graz und Innsbruck. Ihr Aufgaben sind in der Regierungsvorlage
aufgezählt: Amtsmissbrauch, Geschenkannahme durch Beamte, Bestechung,
verbotene Intervention, strafbare Handlungen unter Ausnützung einer
Amtsstellung, bestimmte Geldwäschedelikte etc.
Die - formal der Oberstaatsanwaltschaft Wien unterstellte - Sonder-Staatsanwaltschaft kann die Fälle selbst führen, sie aber auch an regionale Staatsanwaltschaften abtreten. So kann etwa nach der Anklageerhebung die Hauptverhandlung abgegeben werden. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Antikorruptionseinheit auf ihre Kernaufgaben - den schwierigen, spezialisierten Ermittlungsbereich - konzentriert.
Keine "große" Kronzeugenregelung
"Nicht
durchsetzbar" war laut Berger auch die "große"
Kronzeugenregelung - also Straffreiheit oder -minderung für an Korruption
oder organisierter Kriminalität Beteiligte, die mit den Behörden
kooperieren. Nun sollen zunächst die Erfahrungen mit den bisherigen Ansätzen
etwa in der "kleinen" Kronzeugenregelung evaluiert werden.
Bestechung von Beamten wird strafbar
Geblieben ist die
Verschärfung des materiellen Anti-Korruptionsrechts: Damit wird Bestechung
von Beamten umfassend strafbar, auch das "Anfüttern" in- und
ausländischer Beamter. Sowohl wiederholte Geschenkannahme durch Beamte als
auch wiederholte Übermittlung von Geschenken an Beamte wird - auch wenn es
keine Gegenleistung gab - strafbar sein. Und auch für die im internationalen
Wirtschaftsverkehr immer häufiger angerufenen und damit zunehmend
korruptionsanfälligen Schiedsgerichte wird es Strafregelungen geben. So
drohen künftig Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren, wenn ein Schiedsrichter
seine Entscheidungen durch "Zuwendungen" beeinflussen lässt.
Nicht enthalten ist in diesem Paket die Bestechung von Abgeordneten. Das in einer UN-Konvention geforderte Korruptionsstrafrecht für Abgeordnete soll direkt im Parlament ausgearbeitet werden.
Insgesamt ist Berger mit dem Korruptionsbekämpfungspaket zufrieden: "Es ist ein schönes Paket", das auch von Experten begrüßt werde.