Wie hielten es unsere Politiker mit dem Präsenzdienst?
Seit einem halben Jahr bestimmt dieses Thema die politische Diskussion. Soll Österreich ein Berufsheer bekommen, eine Freiwilligen-Armee – oder soll alles so bleiben, wie es ist? Die Koalition zeigt sich gespalten. Und so uneinheitlich fällt auch das Bild aus, wenn man bei den Politikern nachfragt: Präsenzdienst, Zivildienst oder gar nichts? Wie haben Sie es in Ihrer Jugend gehalten?
Heuschnupfen bei Vilimsky
Immerhin sorgte ja FP-Generalsekretär Harald Vilimsky – natürlich ein vehementer Befürworter der Wehrpflicht – diese Woche für Amüsement: Denn just der blaue Hardliner ließ sich vom Dienst befreien – wegen „Heuschnupfen“.
Sein Chef Heinz-Christian Strache absolvierte hingegen ab 1990 brav acht Monate Jägergrundausbildung in der Van-Swieten-Kaserne in Wien. Danach meldete er sich freiwillig zur Milizarmee und wurde auch als Sanitäter ausgebildet.
Zivis
SP-Bundeskanzler Werner Faymann – er will die Wehrpflicht kippen – präferierte linientreu den Zivildienst, den er gleich nach der Matura in einem Jugendheim in Wien ableistete. Wo genau, will er nicht sagen. VP-Vizekanzler Josef Pröll – er will die Wehrpflicht beibehalten – war konsequenterweise selbst beim Heer: sechs Monate im Landstammregiment in Horn, NÖ.
Was noch auffällt: Der einzige Rote der Regierung, der in der Armee „gedient“ hatte, ist SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer – zumindest auf dem Papier: 1970 gab es noch keine Möglichkeit, zum Zivildienst zu wechseln. Wer nun befürchtet, der Ex-ÖGB-Boss sei zum Kampfsoldaten ausgebildet worden, sei beruhigt: Hundstorfer war im Verwaltungsbereich eines Ministeriums tätig.
Sehschwäche bei Stöger
Von den amtierenden rot-schwarzen Ministern haben alle – bis auf Alois Stöger – Wehr- oder Zivildienst absolviert. Der SPÖ-Gesundheitsminister wurde hingegen aufgrund einer „Sehschwäche“ vom „Dienst am Vaterland“ befreit.
Marathonläufer
SPÖ-Klubchef Josef Cap war dafür neun Monate Hilfsausbildner bei der Pionierinfanterie in Ostösterreich. Heute sagt der leidenschaftliche Marathonläufer ÖSTERREICH dazu: „Dazu habe ich mich gemeldet, weil mir körperliche Fitness wichtig war. Im Prinzip war die sportliche Komponente aber der einzige Sinn, den ich darin gesehen habe.“
Ein anderer passionierter Läufer, Ex-VP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, sah das nicht so: Er wurde aufgrund von „Bluthochdruck“ von der Wehrpflicht befreit. VP-Klubchef Karlheinz Kopf war hingegen 1975 bei der Stabskompanie des Jägerbataillons 23 in der Bilgeri-Kaserne in Bregenz.
"Öffentliches Interesse"
Ex-VP-Kanzler Wolfgang Schüssel konnte sich dafür als VP-Klubsekretär wegen „öffentlichen Interesses“ den Wehrdienst sparen. Sein Nachfolger an der VP-Spitze, Wilhelm Molterer, legte ein „ärztliches Attest“ vor und wurde prompt nicht eingezogen.
Genauso wenig wie Ex-SP-Kanzler Alfred Gusenbauer, dem seine Kurzsichtigkeit sechs Monate im Heer ersparte.
Glück für Van der Bellen
Der Grüne Alexander Van der Bellen hatte offenbar einfach nur „Glück“: Zunächst wurde der Präsenzdienst aufgrund seiner Ehe (und Kinder) und seines Studiums verschoben. Und schließlich musste er einfach nicht mehr antreten.
Die Leiden des KHG.
Karl-Heinz Grasser, der Ex-FP-Finanzminister mit den zeitweiligen Gedächtnisproblemen, plagten in seinen Jugendjahren offenbar andere Leiden: Er musste aufgrund von „Gastritis“ nicht zum Bundesheer.
VP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger entsprach hingegen bereits 1996 der Parteilinie: Er war zunächst sechs Monate in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien – danach meldete er sich noch zwei Monate freiwillig und bewachte die Grenze in Nickelsdorf. Der schwarze General erinnert sich im ÖSTERREICH-Gespräch „gerne an diese Zeit zurück“. Er habe „weder dubiose Paintballspiele nötig“ gehabt, noch „sich durch Heuschnupfen drücken“ müssen, sagt er in Anspielung auf Strache und Vilimsky.
Strache erklärt ÖSTERREICH sein Engagement im Heer tatsächlich pathetisch: „So sozial bin ich für unsere Gesellschaft und Staat immer gern gewesen.“ Das unterscheidet ihn offenbar von seinem Parteifreund FPK-Mandatar Martin Strutz. Der Kärntner, der heute an Ironman-Rennen teilnimmt, sei aufgrund einer „Zuckerkrankheit“ vom Wehrdienst „geflüchtet“, ätzt BZÖ-Mandatar Stefan Petzner, der selbst Zivildiener war.
Genauso wie SPÖ-Staatssekretär Josef Ostermayer. Er war neun Monate lang Zivildiener – in einem Mädchenheim der Bewährungshilfe in Wien.