Alt-Bundespräsident Heinz Fischer hielte eine Regierung nur aus ÖVP und SPÖ angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse sichtlich für riskant.
In der "Zeit im Bild 2" vom Donnerstagabend bevorzugte er eine Variante mit einem dritten Partner: Diese würde ihm besser gefallen als eine Regierung mit nur einem Sitz Überhang. Fischer argumentierte, dass so eine knappe Mehrheit eine "Gefahr für die Stabilität einer Regierung" sei.
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Einen Automatismus, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen FPÖ-Chef Herbert Kickl den Regierungsauftrag übergeben muss, erkennt sein Vorgänger nicht. Er sähe keinen Sinn darin, wenn etwa der aktuell regierende Kanzler bereits eine alternative Mehrheit vorweisen könnte.
Spielraum bei der Entscheidung
Fischer erklärte, dass Van der Bellen zwar Spielraum bei der Entscheidung habe, aber dennoch "nicht vollkommen passiv" agieren werde. "Der Präsident muss Vertrauen in die Person haben", der er den Auftrag erteile, und "der Nationalrat dürfe kein Misstrauen gegenüber dieser Person hegen", so der ehemalige Präsident. Sollte es keine verfassungskonforme Alternative zur FPÖ geben, könne es für Van der Bellen schwierig werden, Kickl den Auftrag zu verweigern.
Falls jedoch Noch-ÖVP-Kanzler Karl Nehammer eine mehrheitsfähige Koalition anbieten könne, könnte der Präsident sich auch für eine Alternative entscheiden. Fischer betonte, "dass jede Partei selbst entscheiden muss, ob sie Teil einer Regierung sein will", und dass mögliche Koalitionen zuerst intern geklärt werden, bevor man dem Präsidenten ein Konzept vorlegt.
Vertrauen in Nationalratspräsident
Was die Wahl des Nationalratspräsidenten angeht - auch diese Funktion hatte Fischer einst inne, meinte der langjährige SPÖ-Politiker, die Position der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), dass das Amt an einen Repräsentanten der stärksten Partei gehen sollte, habe gute Argumente. Es müsse sich jedoch um jemanden handeln, dem man zutraue, "das Amt ordentlich auszuführen". Vielleicht gebe es so jemanden in der FPÖ.
FPÖ stärkste Partei
Die FPÖ ging mit knapp 29 Prozent als stärkste Partei hervor und könnte laut Tradition den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Doch bereits im Vorfeld ist klar: Keine andere Partei ist bereit, mit der FPÖ unter Herbert Kickl zu koalieren oder ihn gar als Kanzler zu unterstützen. Das sorgt für Spekulationen, wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen vorgehen wird, da er formal nicht verpflichtet ist, der stimmenstärksten Partei den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen. Ein weiterer Aspekt, der die Situation kompliziert, ist die belastete Beziehung zwischen Van der Bellen und Kickl, der den Präsidenten in der Vergangenheit stark kritisierte.