Pilz im ÖSTERREICH-Interview

"Wer hetzt, der kann gehen - je schneller desto besser!"

19.03.2017

Mit Eurofightern & Erdogan-Stasi kämpft Peter Pilz gegen die FPÖ.

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© TZOe Artner
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Peter Pilz im Interview mit ÖSTERREICH-Politik-Chef Günther Schröder. .

ÖSTERREICH: Wenn es um die Grünen geht, spricht man nur von Peter Pilz. Und das vor einer Wahl. Retten Sie gerade Ihre Partei?

Peter Pilz: Wir müssen nur nach Holland schauen: Grüne haben überall in Europa gewaltige Chancen. Aber dazu muss man selbst einiges tun. Ich kann ja nur einen Beitrag leisten mit Eurofighter, mit unserer neuen Türkeipolitik. Aber grundsätzlich muss unsere Partei die Auseinandersetzung mit der FPÖ und der politischen Führung der Republik gewinnen. Was mir so wichtig ist: In der Auseinandersetzung mit Erdogan und im Streit um Eurofighter allen zu zeigen: Wir haben die führende Rolle in der Republik und die Freiheitliche Partei wird von uns getrieben.

ÖSTERREICH: Ihr Beitrag ist Eurofighter und Türkei. Wo ist der Rest der Partei?

PILZ: Das wichtigste Thema ist längst erkannt. Die große Frage heißt nicht: Flüchtlinge ja oder nein, da haben wir einfach Verpflichtungen. Das entscheidende Thema heißt: Gerechtigkeit. Konzerne zahlen keine Steuern und Kleinverdiener werden voll zur Kassa gebeten.

ÖSTERREICH: Und Sie feiern sozusagen mit 63 einen neuen Frühling...

PILZ: Ich erlebe erstens jedes Jahr einen Frühling. Das Zweite ist: Das waren jahrelange Vorbereitungen. Ich konnte nicht darüber bestimmen, dass bei den Eurofightern die Aufklärung endlich klappt. Und die Zeit ist halt nach fast einjähriger Recherche über die Erdogan-Stasi jetzt reif gewesen.

ÖSTERREICH: Heißt das, dass wir Peter Pilz auch künftig im Parlament sehen werden?

PILZ: Nachdem ich ja eine der großen Nachwuchshoffnungen der Grünen bin, ist das durchaus eine schöne Aussicht

ÖSTERREICH: Also keine Rede von Pension?

PILZ: Nein.

ÖSTERREICH: Warum hat die erste Auflage des U-Ausschusses noch nicht das von Ihnen gewünschte Aus für den Eurofighter-Deal gebracht?

PILZ: Weil wir noch viel zu wenig wussten. Es ist ganz einfach: Ohne den ersten ­U-Ausschuss hätte es kein einziges Strafverfahren gegeben, hätte es keine einzige Klage gegeben. Die Täter wären in Sicherheit gewesen. Und hätte es keinen einzigen Versuch gegeben, das Geld zurückzubekommen. Erst durch die Ergebnisse des U-Ausschusses sind die Strafverfahren in München, Rom und Wien ermöglicht worden. Wir haben im U-Ausschuss Vector – ein Schmiergeldverteilungsnetzwerk – gefunden. Ich habe dann jahrelang weitergesucht, nachdem der Ausschuss schon abgedreht war.

ÖSTERREICH: Sie beginnen den neuen U-Ausschuss mit dem Vergleich von Minister Darabos mit Eurofighter, hier geht es gegen SPÖ und Ex-Kanzler Gusenbauer?

PILZ: Es geht schlicht um die politische Verantwortung von Gusenbauer. Verteidigungsminister Doskozil geht immer davon aus, dass die Republik getäuscht wurde. Meiner Meinung stimmt das. Aber die wesentliche Frage, die wir untersuchen, ist: Waren auch Vertreter der Republik – Minister und Beamte – aktiv an der Täuschung beteiligt? Ich vergleiche das gerne mit einem Banküberfall: Hat es bei einem Überfall auf die Republik Österreich auch einen drinnen gegeben, der die Tresornummer verraten hat? Diese Frage müssen wir bei Darabos klären. Dabei ist eines ganz offensichtlich: Norbert Darabos ist persönlich kein korrupter Mensch, da bin ich mir vollkommen sicher. Also warum hat er es getan, warum hat er der Republik großen Schaden zugefügt? Und das müssen wir auch seinen damaligen Chef Alfred Gusenbauer fragen.

ÖSTERREICH: Haben Sie Gusenbauer quasi als Tresornummern-Verräter im Visier?

PILZ: Hat Darabos auf Befehl gehandelt? Wenn ja, von wem ist dieser Befehl gekommen? Es gab nur einen Einzigen, der in der damaligen Regierung Minister Darabos einen Befehl geben konnte, das war der Kanzler und Parteichef Gusenbauer.

ÖSTERREICH: Den Kauf hat aber die damalige schwarz-blau Koalition eingefädelt. Werden wir die damaligen Verantwortlichen – von Kanzler Schüssel über den Finanzminister Grasser bis zu Verteidigungsminister Scheibner – alle im Ausschuss sehen?

PILZ: Ja, natürlich werden wir sie alle laden müssen. Wir werden nicht chronologisch alles ein zweites Mal aufarbeiten. Aber wir müssen die wenigen Tage und Wochen rund um dieses berühmte Kanzlerfrühstück bei Wolfgang Schüssel aufklären. Wir müssen herausfinden, was nicht nur im Kanzleramt, sondern auch bei Magna und an vielen anderen Orten der Republik passiert ist.

ÖSTERREICH: Ihr Ziel war immer: Flieger zu Airbus zurückzuschicken. Ist das jetzt wahrscheinlicher?

PILZ: Ja, viel wahrscheinlicher. Weil die Republik in einer rechtlich enorm starken Position ist. Vor zehn Jahren hatten wir die ersten Spuren aus dem Untersuchungsausschuss. Dann haben die Deutschen das Untreueverfahren eingeleitet mit Eurofighter als Geschädigten, dann Österreich Geldwäsche und jetzt Betrug, erstmals mit Eurofighter als Tatverdächtigem. Und jetzt schreiben wir schon an der nächsten Anzeige – gegen Airbus und Eurofighter wegen Bildung einer kriminellen Organisation gegen die Republik Österreich. Da sind wir dann bereits beim Mafia-Paragrafen. Deswegen bin ich fest davon überzeugt: Weil wir so viel wissen und weil die Republik gemeinsam auftritt, werden wir gewinnen.

ÖSTERREICH: Wir kriegen das Geld zurück und schicken die Flieger nach Hause?

PILZ: Bei den Fliegern, die noch fliegen können, schauen wir, dass sie nach Bayern zurückfliegen. Für den Rest wird uns hoffentlich die ÖBB einen guten Preis machen, die fahren mit der Bahn. Das ist die eine Sache. Die andere ist: Ich will das gesamte Geld. Alles, was wir Eurofighter gezahlt haben, will ich zurück. Der Verteidigungsminister sagt, die für ihn bessere Strategie ist, den Schaden einzuklagen. Das sind auch mindestens 1,1 Milliarden.

ÖSTERREICH: Wechseln wir zum Türkei-Thema. Hier haben Sie aufgedeckt, wie Erdogan türkischstämmige Mitbürger bespitzelt...

PILZ: Wir sind mitten in einer harten Auseinandersetzung. Erdogan hat in Österreich, Deutschland, der Schweiz und vielen EU-Staaten Brückenköpfe aufgebaut, von denen aus er bespitzelt, denunziert, aufhetzt und destabilisiert. Wir können und dürfen uns das nicht bieten lassen. Das sind zum Teil kriminelle Aktionen. Deswegen liegt das bei der Staatsanwaltschaft.

ÖSTERREICH: Sie kritisieren Innenminister Sobotka und Außenminister Kurz. Warum?

PILZ: Ich verstehe nicht, warum sich Außenminister und Innenminister an jeder Eskalation beteiligen. Ich habe zur Versammlungsfreiheit einen völlig anderen Zugang. Okay, Erdogan lässt nur seine Versammlungen zu und in der Türkei gibt es keine Versammlungsfreiheit mehr, aber gerade deswegen müssen wir ihm zeigen: Ja, kommt doch, aber diskutiert mit uns. Überall, wo wir mit Erdogans Vertretern öffentlich diskutieren, waren das schwere Niederlagen für die türkischen Politiker. Die haben sich bis auf die Knochen blamiert. Und immer öfter kneifen sie. Mit ihrem Auftritt und Reiseverbot helfen Kurz und Sobotka letztendlich Erdogan. Sie tappen in die Erdogan Falle.

ÖSTERREICH: Aber sie sollen seine Vereine auflösen?

PILZ: UETD, ATIB – die ganze Erdogan-Stasi zerschlagen. Ja, wir dulden keine Erdogan-Geheimdienste in unserer Republik. Wir müssen auch unsere Türken vor Erdogan schützen. Das ist eines meiner großen Anliegen. Wir haben Hunderttausende friedliche, gut integrierte Türken. Die kriegen jetzt von zwei Seiten Schwierigkeiten. Die werden unter Druck gesetzt von der Erdogan-Stasi, die von der türkischen Botschaft aus gelenkt wird. Und dann gibt es ein paar Rechtsaußen, die unsere Türken beschimpfen und sagen, schleich’ dich nach Hause. Ich schütze alle Menschen, die bei uns friedlich leben. Auch unsere Türken. Aber wer hetzt und bespitzelt, der kann gehen. Je schneller, desto besser.

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