Außenminister Sebastian Kurz rät Erdogan-Aktivisten zur Ausreise.
Versammlungsverbot, Kontrolle der Medien, Ausgangssperren – der türkische Präsident Recep Erdogan zieht die Schlinge weiter enger: Weil der „Staatsstreich vielleicht noch nicht vorbei ist“, verhängte er nun einen dreimonatigen Ausnahmezustand. Was dies bedeutet:
- Pressefreiheit kann ausgesetzt werden. Ebenso das Versammlungsrecht.
- Die Behörden können jetzt landesweit Ausgangssperren verhängen.
- Für Hausdurchsuchungen und Verhaftungen braucht es keinen richterlichen Beschluss mehr.
- Auch die Europäische Menschenrechtskonvention will die Türkei zumindest vorübergehend aussetzen.
Obwohl die türkische Regierung betont, „dass diese Maßnahmen das alltägliche Leben und den Tourismus nicht betreffen“, herrscht weltweit Empörung über Erdogans hartes Vorgehen.
Kurz zitiert Botschafter in das Außenministerium
Außenminister Sebastian Kurz bestellte den türkischen Botschafter ins Außenamt (siehe Interview).
Treffen mit Muslimen. Bundeskanzler Christian Kern wiederum rief am Donnerstag Vertreter der islamischen Glaubensgemeinschaft ins Kanzleramt. Die Lage in der Türkei sehe er „mit größter Sorge“. Die Überschreitungen Einzelner müssten scharf geahndet werden, so der Bundeskanzler.(wek)
Interview mit Außenminister Sebastian Kurz
ÖSTERREICH: Sie zitierten den türkischen Botschafter in Wien ins Außenministerium. Telefonieren Sie auch mit dem Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu?
SEBASTIAN KURZ: Ja, es geht um die aktuelle Entwicklung in der Türkei. Zudem wurde nach dem Putsch von der Türkei aus zu Demos in Österreich aufgerufen. So etwas ist völlig inakzeptabel.
ÖSTERREICH: Die Türkei plant die Todesstrafe. Das Aus für die Beitrittsverhandlungen?
KURZ: Ganz klar: Die europäische Perspektive wäre mit der Todesstrafe Geschichte. Aber schon die bisherigen Ereignisse sind beunruhigend.
ÖSTERREICH: Sollen Aktivisten die Staatsbürgerschaft verlieren, die in Österreich lautstark für Erdogan eintreten?
KURZ: Unser Gesetze sind eindeutig: Wer die türkische Staatsbürgerschaft annimmt, verliert die österreichische. Demo-Aufrufe aus dem Ausland sind inakzeptabel. Und wir nehmen es nicht hin, wenn Konflikte von außen in unser Land hineingetragen werden. Wer sich in der türkischen Innenpolitik als Aktivist engagieren will, dem steht es frei, das Land zu verlassen. (gü)