Wien

Westenthaler-Prozess: Stickler als Zeuge

28.10.2014

Ex-ÖFB-Präsident: Fußballbund ließ Million zur Bundesliga durchlaufen.

Zur Vollversion des Artikels
© APA
Zur Vollversion des Artikels

Mit Zeugenaussagen zum Bundesliga-Komplex ist am Montag im Wiener Straflandesgericht der Betrugs- und Untreueprozess gegen den ehemaligen Fußball-Bundesliga-Vorstand Peter Westenthaler und seinen Co-Vorstand Thomas Kornhoff fortgesetzt worden.

Zweiter Zeuge am vierten Verhandlungstag im Westenthaler-Prozess war Friedrich Stickler, Vorstandsdirektor der Österreichischen Lotterien und von 2002 bis 2008 Präsident des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB).

Als die Fußball-EM 2008 an Österreich und die Schweiz vergeben wurde, habe er die "Challenge 2008" ins Leben gerufen, eine Initiative, die den Nachwuchs fördern sollte. Dafür habe der Bund nach harten Verhandlungen Fördermittel in Höhe von 1,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, die in fünf Tranchen ausbezahlt wurden. "Das war das Maximum, was damals vom Bund zu bekommen war", erinnerte sich Stickler.

Westenthaler erwirkte Zusatzförderung
In weiterer Folge habe allerdings Peter Westenthaler als neuer Bundesliga-Vorstand einen "Nachtragvertrag" erwirkt. Westenthaler habe mit dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel gesprochen und eine "Zusatzförderung über eine Million" zugesichert bekommen, erklärte Stickler. Die Bundesliga bzw. ihre Vereine hätten sich immer wieder über zusätzliche Aufwendungen aufgrund der "Challenge 2008" - Spieler mussten abgestellt, ein höherer Betreuungsaufwand geleistet werden - beschwert, nicht zuletzt deshalb sei ihm die erweiterte Unterstützung willkommen gewesen: "Für mich war jede Zusatzförderung wie ein Geschenk des Himmels. Es war meine absolute Zielsetzung, diese Spieler, diese Mannschaft (gemeint: das Nationalteam, Anm.) so gut als möglich vorzubereiten." Er habe es begrüßt, die Bundesliga "zufriedener zu machen", so Stickler: "Man konnte sie nicht zufrieden machen. Aber zufriedener."

ÖFB ließ Million "durchlaufen"
Die Förder-Million wurde im Wege eines Budgetbegleitgesetzes vom Nationalrat beschlossen und sollte der "gezielten Nachwuchsförderung" dienen. Der Bundesliga sollte mit dem Geld der Mehraufwand aus der "Challenge 2008" pauschal abgegolten werden. Ausgeschüttet wurde die Million zunächst aber an den ÖFB, weil man - wie Stickler dem Schöffensenat darlegte - sie aus formalen Gründen nicht unmittelbar der Bundesliga zukommen lassen konnte. Das Fördergesetz sei dem im Weg gestanden. Der ÖFB sei aber ein reiner "Durchläufer" gewesen und habe das Geld der Liga weitergeleitet, die es zur Dotierung des sogenannten Österreicher-Topfes verwendete.

Die Bundesliga sei "verpflichtet gewesen, diesen Leistungsnachweis zu erbringen", also dem ÖFB die Verwendung der Million für den Österreicher-Topf zu belegen, betonte Stickler. Der ÖFB habe dem Bund die Unterlagen weiter gereicht. Dass mit der Million eine Finanzschuld getilgt werden sollte, sei nicht Thema gewesen: "Es ist nie ein Zusammenhang hergestellt worden mit irgendwelchen Finanzverbindlichkeiten." Im Förder-Vertrag sei "ganz genau beschrieben gewesen, dass es um die 'Challenge 2008' geht und um sonst nichts". Er könne "ausschließen", dass es Beschwerden gegeben hätte, die Million wäre nicht widmungsgemäß verwendet worden: "Dann hätte ich sofort reagieren müssen."

Rätsel um Vertrag
Offen blieb in der Einvernahme Sticklers ein bemerkenswertes Detail: Der Förder-Vertrag über die Million sollte im Dezember 2003 von Stickler und dem damaligen Staatssekretär für Sport, Karl Schweitzer, unterzeichnet werden. Schweitzer unterschrieb allerdings interessanterweise nicht. Er soll sich geweigert haben, seine Unterschrift unter das Papier zu setzen und den Vertrag mitzutragen. Im Nachhinein wurde daher auf dem Vertragsentwurf der Name Schweitzers ausgelackt und durch den eines Sektionschefs ersetzt, der auch unterschrieb. Auch das ursprüngliche Datum wurde ausgelackt und auf den 15. Jänner 2004 korrigiert. Auf die Frage, wie es zu diesem Vorgang gekommen sei, erwiderte der Ex-ÖFB-Präsident: "Das kann ich Ihnen nicht erklären." Zu dieser Sache hat Richter Wolfgang Etl für den 4. November Schweitzer als Zeugen geladen.



 

Zur Vollversion des Artikels