Die Große Koalition geht in die Verlängerung - keine Frage. Nur der ÖVP-Chef tut seiner Partei zuliebe noch immer so, als wäre das nicht fix.
Die Neuauflage der Großen Koalition wird kommen. Das liegt auf der Hand. Die SPÖ und ihr Parteichef Werner Faymann haben schon vor der Nationalratswahl am 28. September ihre Präferenz für eine Fortsetzung von Rot-Schwarz unmissverständlich klar gemacht. Die ÖVP war sich nicht ganz einig, vor allem aus der steirischen Landespartei ist immer wieder ein Nein gekommen. Jetzt macht der designierte ÖVP-Chef Josef Pröll seiner Partei Schritt für Schritt diese Regierungskonstellation schmackhaft.
Sondierungsgespräche
Pröll arbeitet trotz parteiinterner
Differenzen auf eine neue rot-schwarze Regierung hin - auch aus persönlicher
Überzeugung. Seinen Parteifreunden gegenüber hat Pröll den Kurs nicht so
eindeutig festgelegt. Direkt nach dem Urnengang hat er den Sozialdemokraten
nur Vorgespräche angeboten, keine echten Verhandlungen - ein erstes
Zugeständnis an die Kritiker einer Regierungsbeteiligung.
Österreich-Gespräche
Dann hat Pröll als Bedingung
sogenannte Österreich-Gespräche gefordert, bei denen alle Parlamentsparteien
gemeinsam die großen Themen debattieren sollten. Faymann hat ihm den Wunsch
erfüllt, Pröll hatte etwas Zeit gewonnen. Schließlich liebäugelte der
Schwarze - wohl selbst nicht sehr ernst gemeint - mit einer
Schwarz-Orange-Grünen Koalition, noch vor dem tödlichen Unfall von BZÖ-Chef
Jörg Haider.
Chance von 50:50
Immer wieder hat der neue ÖVP-Vorsitzende die
Position seiner Partei zur EU bekräftigt, um ja nicht den Anschein von
Interesse an einer Zusammenarbeit mit der SPÖ zu erwecken. Diesen Dienstag
hat Pröll noch gemeint, die Chance für Rot-Schwarz läge bei nicht mehr als
50:50. Am Freitag dann bemühte er sich mitzuteilen, dass die Einigung auf
Budgetpfad, Konjunkturpaket und Steuerreform ein "wichtiger, aber nur ein
erster Schritt" sei.
"Knapp über 50 Prozent"
Nebenbei haben sich die
beiden Parteien aber auf ein Konjunkturpaket und ein Banken-Hilfspaket
geeinigt, die Sozialdemokratie hat auf ihr Anliegen einer
Vermögenszuwachssteuer verzichtet, die Volkspartei hat ihren Wunsch nach
Wiedereinführung der Studiengebühr - zumindest in dieser Form - ad acta
gelegt. Schließlich hat man den Privatisierungsauftrag für die AUA
konsensual verlängert. Und zu guter Letzt hat die ÖVP neue Schulden und die
Vorverlegung der Steuerreform akzeptiert. Jetzt werden nicht nur Teile,
sondern die gesamte Reform um ein Jahr auf 2009 vorgezogen. Diese Einigung
hat man sogar in einer gemeinsamen Pressekonferenz mitgeteilt.
Seither liegen die Chancen für eine Große Koalition laut Pröll bereits "knapp über 50 Prozent".