Gesundheitsreform
Wie soll sich das ausgehen, Frau Minister?
29.05.2008
Gesundheitsministerin Kdolsky glaubt trotz Widerstands der Nationalratspräsidenten an einen schnell Beschluss. Die Ärztekammer wundert sich.
Der Nationalrat steigt bei der Gesundheitsreform auf die Bremse. Und das gegen die Pläne der Regierung, die das Kassenpaket noch vor dem Sommer durchs Parlament bekommen will. Alle drei Nationalratspräsidenten haben sich Donnerstagfrüh auf Ö1 skeptisch gezeigt und eine Verschiebung des Beschlusses auf Herbst ventiliert.
Obwohl die Nationalratspräsidenten den Beschluss verzögern wollen, ist Gesundheitsministerin Kdolsky weiter von einer Lösung nach dem Wochenende überzeugt. Diese Aussage löste bei Ärztekammer-Präsident Walter Dorner, mit dem sich Kdolsky am Mittwochnachmittag zu einem Gespräch traf, "große Überraschung" aus, wie er am Donnerstag mitteilte. Das Gespräch sei lediglich ein "Abtasten der Standpunkte" gewesen, so Dorner. Am Protestplan halten die Ärzte demnach fest.
Noch mal reden
SPÖ-Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und
ihre Kollegen Michael Spindelegger (ÖVP) und Eva Glawischnig (Grüne) halten
es für kein Problem, den Beschluss auf Herbst zu verschieben, um eine
ausführliche Debatte im Hohen Haus zu ermöglichen. Bundeskanzler Alfred
Gusenbauer hatte zuletzt gemeint, er halte wenig davon, sich um eine
Entscheidung herumzudrücken.
Gusi versus Prammer
Mit diesem Sager hat sich Gusenbauer bei
seiner Parteifreundin nicht beliebt gemacht, Prammer findet das
inakzeptabel. Es müsse klar sein, wo welche Verantwortungen liegen,
verbietet sich die Nationalratspräsidentin Einmischungen des Kanzlers in
Fragen des Parlaments. Aus ihrer Sicht müsste es zu umfassenden Aussprachen
mit Hearings kommen. Immerhin gebe es viele Abgeordnete auch aus den
Regierungsparteien, die der Vorlage der Regierung nicht zustimmen wollen.
Diese müssten die Chance bekommen, überzeugt zu werden.
SP-Pensionisten für Debatte über Sommer
Die
SP-Pensionisten unterstützen den Vorstoß der Nationalratspräsidenten, die
den von der Regierung geforderten raschen Beschluss des Paketes zur
Kassensanierung noch vor dem Sommer ablehnen. "Es muss von allen im
Gesundheitswesen Tätigen getragen werden, da darf man zusätzliche
Verhandlungen nicht von vornherein ausschließen", sagte
SP-Pensionistenchef Karl Blecha am Donnerstag. Inhaltlich forderte er
Einsparungen bei den Spitälern und das Stimmrecht der Pensionistenvertreter
in der geplanten Sozialversicherungs-Holding. Nichte beurteilen wollte
Blecha jedoch, ob der Unmut über die Gesundheitsreform auf Bundeskanzler
Gusenbauer zurückfallen könnte. Entscheidend für die Beurteilung werde die
Arbeitsbilanz der Regierung sein, sagte Blecha bei einer Pressekonferenz am
Donnerstag: "Sind die Ergebnisse gut, wird das sehr gut für den
Bundeskanzler sein. Sind die Ergebnisse unbefriedigend, wird das auch für
ihn nicht befriedigend sein."
Gegen "Koalitionsdiktat"
Auch Spindelegger stellt
klar: "Ein Diktat der Regierung kann es nicht geben. Es braucht eine
gewisse Zeit der Beratung". Und wenn es sich nicht ausgehe, werde man
die Beschlüsse eben erst im Herbst fassen. Glawischnig betonte, nichts davon
zu halten, die Reform durchzupeitschen. Nehme man die parlamentarische
Behandlung ernst, sei ein Beschluss vor dem Sommer "völlig unrealistisch".
Ärzte-Demo in Linz
Am Mittochnachmittag sind die ersten
Ärzte gegen die Gesundheitsreform auf die Straße gegangen. In Linz haben
sich rund 2.000 Mediziner versammelt, um ihrem Unmut über die "Husch-Pfusch-Gesetzgebung"
Ausdruck zu verleihen.