Grüne warnen, dass das Gesetz nicht Armut bekämpft, sondern Arme.
Im Wiener Landtag ist am Freitag das Verbot der gewerbsmäßigen Bettelei beschlossen worden. Neben der Mehrheitsfraktion SPÖ stimmten auch ÖVP und FPÖ der entsprechenden Novelle des Landessicherheitsgesetzes zu, wobei auf Antrag der Grünen eine namentliche Abstimmung erfolgte. Die Oppositionspartei hatte bis zuletzt versucht, mit mehreren Anträgen - die allerdings allesamt abgelehnt wurden - den Beschluss zu verhindern oder zu verzögern. Die Volkspartei zeigte sich überwiegend zufrieden, die Freiheitlichen wünschten sich ein generelles Bettelverbot.
Bei Verstoß kann gewerbsmäßiges Betteln somit spätestens ab Ende Juni mit Strafen von bis zu 700 Euro belangt werden. Abgesehen davon ist es künftig auch möglich, Personen wegzuweisen, die den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen behindern bzw. die "unzumutbare Beeinträchtigungen" beim "widmungsgemäßen Gebrauch" derselben verursachen. Aggressives Betteln bzw. Betteln mit Kindern ist in der Bundeshauptstadt schon länger verboten.
Lebhafte Debatte
Dem heutigen Beschluss war eine lebhafte Debatte
vorangegangen, die bereits in der Aktuellen Stunde ihren Anfang nahm. Diese
hatte die FPÖ über, welche in der Gesetzesnovelle eine "Beruhigungspille vor
der Wahl" vermutete. FP-Mandatar Johann Gudenus forderte ein generelles
Bettelverbot, wie es ein solches auch in anderen Bundesländern gebe. "So gut
wie jeder Bettler ist ein Fußsoldat der Bettlermafia", so seine Begründung.
Letztere bereichere sich, indem sie Menschen versklave und wie Tiere halte.
"Für die Menschen, gegen mafiöse Strukturen", rief der Freiheitliche als
Gebot der Stunde aus. Er sah in der Novelle jedenfalls einen Teil der blauen
Forderungen umgesetzt.
Zufriedene Schwarze
Zufriedener zeigte sich die ÖVP. Der
Abgeordnete Wolfgang Ulm bezeichnete die Gesetzesänderung als "großen Wurf,
um Bettelei zu unterbinden". Das Verbot sei um einiges mehr als eine
Beruhigungspille, gab sich der Stadtkonservative in Richtung
Sozialdemokratie konziliant: "Bettelei ist die Vorstufe zum Menschenhandel."
Er forderte zugleich aber weitere Maßnahmen zur "kommunalen
Kriminalprävention" wie etwa Schritte gegen das kleine Glücksspiel oder die
Drogenszene.
Grünen irritiert
Konträr argumentierten die Grünen. "Dieses
Gesetz bekämpft nicht die Armut, sondern die Armen", kritisierte der nicht
amtsführende Stadtrat David Ellensohn: "Niemand sitzt auf der Straße und hat
einen Mordsspaß dabei." Irritiert zeigte er sich auch über die übervolle
Besuchergalerie - darunter auch Bernhard Häupl, Sohn des Wiener
SP-Bürgermeisters. Dies komme der SPÖ sehr zupass, da gleichzeitig
Aktivisten der "Bettellobby" aus genau diesem Argument nicht mehr zugelassen
worden seien, zweifelte der Grün-Politiker am Zufall des großen Andrangs.
Die Sozialdemokraten hätten vielmehr ein schlechtes Gewissen aufgrund ihrer
eigenen Novelle.
SP-Mandatarin Nurten Yilmaz verteidigte die Änderung des Landessicherheitsgesetzes. Man wolle nicht weiter zusehen, wie Menschen ausgenützt und instrumentalisiert würden. Ein generelles Bettelverbot lehnte sie jedoch entschieden ab: "Die Polizei braucht sich auch weiterhin nicht darum kümmern, ob an einer Straßenecke jemand um ein paar Cents bittet." Es gehe nur um die Bekämpfung gewerbsmäßigen Bettelns und dessen Hintermännern. Der FPÖ empfahl sie angesichts der "unübertroffenen Kriegsrhetorik, Hektik und Alarmismus" eine Beruhigungspille. Eine solche sei - anders als im Titel der Aktuellen Stunde behauptet - die beschlossene Novelle jedenfalls nicht.
Bereits gestern hatten NGOs wie die Caritas oder die Armutskonferenz die Regelung scharf kritisiert. Sie verliehen ihrer Befürchtung Ausdruck, die jetzige Novelle stelle praktisch ein generelles Bettelverbot dar.