Ein Austausch des Spitzenkandidaten wäre "reine Symptomkur", so der Vize-Kanzler.
ÖVP-Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner hat als Konsequenz aus den neuerlichen Verlusten bei der Wien-Wahl eine "vollkommene Neuaufstellung der ÖVP-Wien" angekündigt. Als Gründe für die Niederlage seiner ÖVP machte der Vizekanzler das Duell zwischen SPÖ und FPÖ und das Flüchtlingsthema aus.
Größtes Sorgenkind
"Die ÖVP Wien ist nicht erst seit heute das größte Sorgenkind der ÖVP. Wir brauchen jetzt eine vollkommene Neuaufstellung der ÖVP Wien - sowohl personell als auch strukturell", stellte Mitterlehner fest. "Als ÖVP werden wir eine neue zielgerichtet Stadtpolitik definieren müssen, wenn wir erfolgreich sein wollen." Gleichzeitig betonte der Bundesparteichef aber auch: "Nur der Austausch eines Spitzenkandidaten wäre eine reine Symptomkur. Es braucht eine grundlegende Neuaufstellung."
Zuspitzung auf Duell
Als ersten Grund für die Wahlniederlage führte Mitterlehner "die Zuspitzung auf ein inszeniertes Duell um Platz 1" an. Dadurch habe sich der Fokus auf zwei Parteien verlagert, "denn im Duell kämpfen zwei und alle anderen stehen im Schatten". Der Wiener ÖVP sei es dabei nicht gelungen mit eigenen Themen durchzukommen und zu punkten.
Durch das Flüchtlingsthema sei außerdem "ein Thema in den Vordergrund gerückt, das wir in Österreich alleine nicht lösen können", meinte Mitterlehner. Dafür seien wichtige Themen für die Stadt Wien wie Arbeitsplätze, schlanke Verwaltung oder Bürokratieabbau total in den Hintergrund getreten.
ÖVP österreichweit erstmals einstellig und Vierte
Was für ein Debakel die ÖVP erlitt, zeigt ein Blick in die Geschichte. Noch in keiner anderen der 140 Landtags- und 21 Nationalratswahlen bekam sie weniger als zehn Prozent Zustimmung. Bei Landtagswahlen war sie auch noch nie Vierte, bei Nationalratswahlen einmal, nämlich 2013 auch in Wien.
Bei der vorigen NR-Wahl lag die Volkspartei in Wien zwar auch schon hinter den Grünen, aber das Ergebnis war noch ein Stück besser: 14,50 Prozent wählten damals noch schwarz, und das war schon das schwächste Landes-Ergebnis für die Volkspartei bei einer Nationalratswahl.
Wien traditionell schlecht
Die geringste Zustimmung bei Landtagswahlen gab es 2004 in Kärnten, mit 11,64 Prozent. Mit dem zweitschwächsten Ergebnis - 13,99 Prozent - ging Manfred Juraczka in die heutige Wien-Wahl. Erlitten hatte dieses historische Tief bei der vorigen Wahl noch seine Vorgängerin Christine Marek.
Kärnten und Wien wechselten sich in den Negativ-Rekorden der ÖVP ab. Erst auf Rang 15 der schlechtesten Ergebnisse steht ein anderes Land, nämlich die Steiermark mit den 28,45 Prozent der heurigen Wahl. Damit blieb die Volkspartei zwar Zweite, aber dank des Rücktritts von Franz Voves (SPÖ) und seiner Übergabe an seinen ÖVP-Vize Hermann Schützenhöfer stellt die Volkspartei dort jetzt den Landeshauptmann.
SPÖ in Vorarlberg einstellig
Der Bundes-Koalitionspartner SPÖ erlitt das Schicksal, unter die Zehn-Prozent-Grenze zu fallen, schon vor einem Jahr: Nur 8,77 Prozent der Vorarlberger wählten bei der Landtagswahl im September 2014 rot. Den vierten Platz war die SPÖ schon gewöhnt, auf den war sie in Vorarlberg schon 2009 zurückgefallen.