Mit einer "großen Wien-Rede" von Parteichef Karl Mahrer in den Sofiensälen ist die Wiener ÖVP Donnerstagabend in die Intensivphase ihres Wahlkampfes gestartet.
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"Weil wir Wien lieben"
Es sei für die ÖVP angesichts der bundespolitischen Lage der vergangenen Monate kein einfacher Wahlkampf, betonte Mahrer in seiner eine knappe dreiviertel Stunde langen Rede. Dass er selbst und die Partei sich das dennoch antäten, habe einen Grund: "Weil wir Wien lieben", so der ÖVP-Wien-Chef in seiner Rede, die von der Partei betont optimistisch in Szene gesetzt wurde. "Wien bleibt Wien, aber nur mit uns", wiederholte er mehrfach.
Handlungsbedarf sah der 70-jährige Ex-Landespolizeivizepräsident und frühere Nationalratsabgeordnete Mahrer genug. "Das Wien, das wir lieben, das verschwindet in den Stadtvierteln, in den Grätzln immer mehr." Die Politik der SPÖ habe die Bundeshauptstadt zu einem "Sozial- und Kriminalitätsmagneten" gemacht, mit "Unsicherheitszonen", Jugendbanden und Parallelgesellschaften. Auch das Bildungssystem habe die aktuelle Stadtregierung aus SPÖ und NEOS "an die Wand gefahren". Jeder zweite Schulanfänger spreche zu wenig Deutsch, um dem Unterricht zu folgen. Wer es sich leisten könne, suche für seine Kinder einen Platz in einer Privatschule. In den Spitälern warte man stundenlang in den Ambulanzen und wochenlang auf Operationen, "weil die Systeme schlecht gemanagt und völlig überfordert sind". Und wer 40 Stunden arbeiten gehe, fühle sich "völlig verarscht", wenn andere, die noch nie ins Sozialsystem eingezahlt hätten, ohne Leistung genau so viel Geld bekämen wie sie selbst.
ÖVP will "es einfach besser machen"
"Wir müssen diese Entwicklung stoppen und wir werden diese Entwicklung stoppen", versprach Mahrer. SPÖ, Grüne und zuletzt auch die NEOS als "willfähriges, willenloses Anhängsel" hätten alle Probleme schön geredet oder die Schuld bei anderen gesucht und die FPÖ habe noch nie eine Lösung umgesetzt. Die Wiener ÖVP wolle hingegen "Probleme benennen und es einfach besser machen".
Mahrer kündigte "null Toleranz für Integrationsunwillige und Kriminelle" an. Das Sicherheitspaket der ÖVP Wien und ein Plan gegen Jugendkriminalität soll 1.500 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten, die Einführung einer Stadtwache für mehr Sicherheitsgefühl und mehr Videoüberwachung bringen. Bei der Integration forderte er einen "Neustart": "Deutsch ist Pflicht, Arbeit ist Voraussetzung, Leistung an der Gesellschaft ist Selbstverständlichkeit." Mit der Wiener Volkspartei gebe es "Leitkultur und kein Larifari", warb Mahrer.
Außerdem werde die ÖVP "Wien wieder schlau machen", mit einer Kindergartenpflicht für Kinder, die nicht genug Deutsch sprechen, Förderungen nur für Kindergärten, die den Kindern Deutsch beibringen, und mehr Sprachförderkräften. Für Eltern, die ihre Kinder nicht bei der Bildungspflicht unterstützen, soll es Konsequenzen geben.
Von der Fitness-Offensive bis zum "Umweltschutz mit Hausverstand"
Lange Wartezeiten in den Ambulanzen will Mahrer künftig u.a. dadurch vermeiden, dass Patientinnen und Patienten über die Hotline 1450 an Arztpraxen und Apotheken vermittelt werden. Gleichzeitig soll eine Vorsorgeuntersuchungs-, Gesundheitspräventions- und Fitness-Offensive dafür sorgen, dass die Wiener länger gesund bleiben.
"Überbordende Sozialleistungen" sollen an die bundeseinheitlichen Regelungen angepasst werden, Junge müssten wieder mehr in Beschäftigung gebracht und Unternehmensgründungen erleichtert werden. Bei der Mobilität hob Mahrer "Eigenverantwortung" hervor: Man sei gegen "ideologiegetriebene Parkplatzvernichtung" und "bewusste Auto-Vertreibungspolitik", aber "für Klima- und Umweltschutz mit Hausverstand". Explizit forderte er in dem Zusammenhang den Bau des Lobautunnels.
Am 27. April gebe es eine "historische Chance, Wien zu verändern", warb Mahrer für genug Stimmen, um in Regierungsverantwortung zu kommen. Mitverfolgt wurde die Rede auch von aktueller und früherer Parteiprominenz aus Wien und dem Bund, vom früheren ÖVP-Wien-Chef und Finanzminister Gernot Blümel bis zum aktuellen Generalsekretär Nico Marchetti, der in Vertretung des beim EU-Gipfel weilenden Parteichef Bundeskanzler Christian Stocker "die Vorband" für Mahrer gab, wie er selbst sagte. Marchetti, selbst früher Bezirksrat in Favoriten, appellierte an die Parteimitglieder, sich von schlechten Umfragewerten nicht beeindrucken zu lassen. "Kämpfen ist eine Entscheidung - und wir haben uns entschieden, zu kämpfen." Eine Stimme für die ÖVP sei eine "Chance auf echte Veränderung", betonte auch Stocker selbst in einer Videoeinspielung. Wien brauche eine Politik, "die hinschaut und anpackt", damit es Sicherheit, eine starke Wirtschaft, Unterstützung für Familien und eine funktionierende Integration gebe.