Wiens neuer Finanzchef Peter Hanke im großen ÖSTERREICH-Interview.
ÖSTERREICH: Haben Sie sich schon an den Umstieg von der Wirtschaft in die Politik gewöhnt?
Peter Hanke: Ich bin durch meine vielen Aufgaben täglich mit neuen Themen und auch mit neuen Menschen konfrontiert. Allein die Digitalisierung ist eine immense Zukunftsaufgabe, da gibt es Herausforderungen gerade im Management. Wir wollen, dass Wien Digital-Hauptstadt Europas wird. Ich setze das mit Freude um. Also: Ja, ich bin in der Politik angekommen. Es ist mir eine Ehre und macht noch dazu Spaß, für die beste Großstadt der Welt die Verantwortung zu tragen.
ÖSTERREICH: Lustig wird das Abtragen eines Milliarden Schuldenbergs kaum?
Hanke: Ich werde daran gemessen werden, ob ich es schaffe, bis 2020 ein Nulldefizit zu erreichen. Und da sind wir gut unterwegs, ohne dass wir den Wirtschaftsaufschwung kaputtsparen. Schließlich brauchen wir Investitionen, weil das unser aller Zukunft ist.
ÖSTERREICH: Pflege, Notstandshilfe und Unfallspitäler – fürchten Sie, dass der Bund Wien Kosten aufbürdet, die das Nulldefizit kippen werden?
Hanke: Wir dürfen kein Wien der zwei Geschwindigkeiten zulassen, das gilt in diesen Bereichen und auch bei der Bildung. Ich habe schon erste Termine mit Bundesvertretern und hoffe auf eine positive Gesprächskultur und dass bald gute Nachrichten nach Wien zurück gemeldet werden, weil es uns allen um die Interessen der Wiener gehen muss.
ÖSTERREICH: Beim Bürokratieabbau muss Wien aber auch noch viele Hausaufgaben erledigen, oder?
Hanke: Wir haben schon in den letzten Jahren gezeigt, dass unser Personalstand gleich geblieben ist, obwohl die Stadt jährlich um 20.000 Einwohner wächst. Wir sind effizienter geworden.
ÖSTERREICH: Und das reicht als Sparprogramm?
Hanke: Nein. Ich glaube, dass wir da ganz große Potenziale im Dreieck Wirtschaft, Finanzen und neue Technologien haben, die wir heben müssen. Wir können durch die Digitalisierung bei höchster Servicequalität sehr viel Effizienz gewinnen
ÖSTERREICH: Also kein Personalbbau?
Hanke: Nein, mehr Digitalisierung und mehr Effizienz. Wir haben derzeit ein offenes Zeitfenster, um alle Chancen dafür zu nützen.
ÖSTERREICH: Sie bleiben beim Nulldefizit für 2020?
Hanke: Ja. Dieses Ziel ist absolut erreichbar.
ÖSTERREICH: Gibt es schon ein konkretes Beispiel, wie Ihr Modell des Sparens aussieht?
Hanke: Ja. Ab ersten Juli gibt es die MA01, wo wir die IT-Verantwortung der gesamten Stadt bündeln. Das wird dazu führen, dass wir neue Aufgaben effizienter bewältigen.
ÖSTERREICH: Sind wir bei der Digitalisierung nicht im Vergleich zum Silicon Valley hoffnungslos im Hintertreffen?
Hanke: Natürlich stecke ich mir die Ziele hoch. Das ist eine Frage des Zeithorizonts. Es dauert Jahre, bis wir bestens ausgebildete Menschen, die als Lehrlinge angefangen haben, in die entsprechenden Jobs bringen. Aber wir sind, wie alle Fakten zeigen, auf einem guten Weg: Immerhin haben wir beim Startup-Package der Wirtschaftsagentur bisher 390 Gründer weltweit beworben, um am Standort Wien Start-ups zu gründen – die wollen von rund um den Globus nach Wien, es sind sogar Unternehmen aus dem Silicon Valley dabei.
ÖSTERREICH: Gefährden die Grünen mit ihrer Kampagne gegen den Lobau-Tunnel die Koalition?
Hanke: Es gibt von beiden Seiten ein klares Bekenntnis zu Rot-Grün. Daran halte ich mich. Und ich glaube natürlich, dass jede moderne Stadt eine entsprechende Infrastruktur braucht, wozu auch ein geschlossener Autobahnring rund um Wien gehört. Wobei ich dafür bin, dass alle Auflagen für den Lobautunnel penibel eingehalten werden. .
ÖSTERREICH: Was halten Sie von einer City-Maut?
Hanke: Wir haben in Wien eine gut funktionierende Parkraumbewirtschaftung. Das sollten wir beibehalten.
ÖSTERREICH: Bleiben Sie dabei, dass es gut ist, dass Renate Brauner Daseinvorsorgebeauftragte ist?
Hanke: Es ist völlig legitim, dass wir die Erfahrung Renate Brauners für die Stadt nutzen. Diese Diskussion läuft falsch. Es wäre unvernünftig, ihre Kompetenz nicht zu nützen.