Debatte im Parlament
"Wir haben nicht genug Superreiche"
22.04.2010
In der Nationalratsdebatte ging es am Donnerstag um den Sparkurs der Regierung und die noch geheimen Steuerreform-Pläne.
In der Debatte um das Finanzrahmengesetz im Parlament sind am Donnerstag wieder die Unterschiede zwischen SPÖ und ÖVP in Steuerfragen hervorgetreten. ÖVP-Finanzminister Josef Pröll machte klar, dass "jeder einen Beitrag wird leisten müssen", weil "wir nicht genug Superreiche haben", um mit ihnen das Budget zu sanieren. SPÖ-Klubobmann Josef Cap fragte hingegen: "Was ist mit den oberen 10.000?"
Faymann für "sozial gerecht"
Auch
SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann pochte auf eine "gerechte" Konsolidierung
sowohl auf Ausgabenseite als auch auf Einnahmenseite. Ihm Visier hat er
jene, die bisher wenig beigetragen haben. Alle Sanierungsmaßnahmen werden
daran zu messen sein, ob sie sozial gerecht seien und der Ankurbelung der
Beschäftigung dienen. Denn Wachstum sei die einzige Chance, das Land aus der
Krise zu bringen.
Der Kanzler betonte aber auch, dass der zur Debatte stehende Finanzrahmen, der bis 2014 Steuererhöhungen von bis zu 4,1 Mrd. Euro vorsieht, nur eine Vorschau sei und auf Annahmen beruhe, von denen man nicht wisse, ob sie eintreten. Österreich sei jedenfalls weit weg von griechischen Verhältnissen, denn die Regierung habe gegengesteuert: "Wir werden nicht zufällig nicht Griechenland."
Pröll hat "ärgsten Schaden abgewendet"
Auch
Pröll sparte nicht mit Eigenlob. Angesichts des Wirtschaftseinbruchs,
steigender Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit habe die Regierung mit ihren
Konjunkturpakten den ärgsten Schaden abgewendet. Aber "das hat alles Geld
gekostet, sehr viel Geld sogar", schwor Pröll den Nationalrat auf Sparkurs
ein. "Wir müssen bis 2013 die Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen des
Bundes um rund sechs Mrd. Euro verringern", so der Finanzminister.
"Wir haben nicht genug Superreiche"
Dazu werde es
"nicht genügen, die Reichen zu schröpfen - auch wenn das für manche noch so
verführerisch klingt". Denn "wir haben nicht genug Superreiche". "Jeder wird
einen Beitrag leisten müssen. Genauso wie jeder einzelne von den Maßnahmen
zur Bekämpfung der Krise profitiert hat", so Pröll. Er appellierte am
Schluss, in dieser Debatte nicht länger aufeinander loszugehen, sondern
aufeinander zuzugehen.
"Was ist mit den oberen 10.000?"
Das wünschte sich auch
SPÖ-Klubobmann Cap, er strich zugleich aber die Unterschiede heraus. So
verwies er im Zusammenhang mit dem Transparenzkonto der ÖVP auf die
Unternehmensförderungen, die im EU-Vergleich doppelt so hoch seien. Zu der
von der ÖVP propagierten Ökologisierung des Steuersystems meinte er, diese
sei gerechtfertigt, man müsse aber auch fragen: "Was ist mit den oberen
10.000?"
Dem antwortete ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll mit einem Ja zur Verteilungsgerechtigkeit, "aber vor der Verteilungsgerechtigkeit kommt die Leistungsgerechtigkeit". Verteilen könne man nur etwas, das man vorher erarbeitet habe.
Opposition beklagen Heimlichtuerei
Die Opposition hat die
Ausführungen von Kanzler und Vizekanzler zum Finanzrahmen mit scharfer
Kritik bedacht. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, BZÖ-Obmann Josef Bucher
und der Vizechef der Grünen Werner Kogler beklagten unisono, dass die
Regierung weiter unter Verschluss halte, welche Belastungen geplant seien.
Vorgehalten wurde SPÖ und ÖVP zudem, bei der Verwaltungsreform nichts
weiterzubringen und die Budgetsanierung phantasielos anzugehen.
Strache sieht keine Ökosteuer
FPÖ-Chef Strache zeigte sich
bezüglich der Ökosteuer-Vorhaben der ÖVP besonders skeptisch. Eine
Ökologisierung des Steuersystems heiße für die Volkspartei bloß eine
Anhebung der Massensteuern. Gas, Strom und Benzin würden teuer, damit die
sozial Schwächsten noch weiter gepresst werden. Dabei sei Österreich jetzt
schon ein Höchstssteuerland.
Notwendig wären nach Meinung des Freiheitlichen Einsparungen bei der Verwaltung - "und nicht den Leuten ins Geldbörsel greifen." Zudem kann sich Strache Maßnahmen gegen Spekulanten vorstellen und Kürzungen von Subventionen. Im Gegenzug sollten dann die Lohnnebenkosten sinken.
Kogler befürchtet Nach-Wahl-Schock
Kogler warf der Regierung
vor, bewusst ihre Steuerpläne bis nach den Herbst-Wahlen in Steiermark und
Wien im Verborgenen zu halten: "Nach der Steuerlüge kommt die
Budget-Unwahrheit." Und was im Herbst dann tatsächlich passiere, sei
angesichts der Positionierungen von SPÖ und ÖVP auch nicht wirklich
abschätzbar: "Sie reden ja das glatte Gegenteil."
Sinnvoll wäre für den Grün-Mandatar eine ökologisch-nachhaltige Steuerreform, die auch sozial gerecht sei. Investiert werden müsste nun in "grüne Jobs": "Das geht sich noch aus." Auch in der Forschung müsse jetzt Geld in die Hand genommen werden, statt selbst in dem Bereich weiter zu kürzen.
BZÖ bringt "Glaskugel für mehr Durchblick"
Das
BZÖ versuchte es wie schon gestern, aus Pröll doch noch dessen Steuerpläne
herauszukitzeln: "Sagen Sie uns offen und ehrlich was für Steuern es werden,
beispielsweise Mehrwert- oder Mineralölsteuer", fragte Bucher, ohne eine
Antwort zu erhalten. Dementsprechend böse blieb er zum Finanzminister:
"Niemals hat ein Finanzminister 200 Milliarden Euro Schulden zu verantworten
gehabt." Ein Präsent bekam der Vizekanzler trotzdem - "eine magische
Glaskugel für mehr Durchblick".
Dass die Regierung mit ihren konkreten Konsolidierungsplänen bis Herbst warten will, schädigt nach Meinung Buchers den Standort. Durch dieses Rätselraten und die damit verbundene Verunsicherung der Wirtschaft würden Arbeitsplätze verloren gehen, was von der Regierung zu verantworten sei.
Zeit zur Debatte in dieser innenpolitischen Causa Prima haben die Abgeordneten auch nach dem heutigen Tag genug. Der Finanzrahmen wandert nun in den Budgetausschuss zur weiteren Beratung inklusive Experten-Hearing, der Beschluss im Nationalrat ist für Mai vorgesehen. Die Budgetrede ist überhaupt erst für Oktober vorgesehen.
Festgelegt ist im Finanzrahmen zunächst nur, wie viel Geld die Ressorts in den kommenden Jahren maximal zur Verfügung haben. Besonders große Einschnitte sind etwa in den Bereichen Familie und Landwirtschaft vorgesehen. Bis 2014 will die Regierung das Defizit von 4,7 auf 2,3 % des BIP reduzieren. Die dazu veranschlagten Steuererhöhungen dürften kommendes Jahr 1,7 Mrd. Euro bringen, 2014 könnten die Zusatz-Einnahmen schon rund 4,1 Mrd. Euro betragen. |