SPÖ-Finanzstadträtin Renate Brauner verteidigt den Rechnungsabschluss, obwohl: Die Schulden der Stadt Wien übersteigen heuer die 2 Mrd. Euro-Grenze.
Die Stadt Wien hat im Jahr 2009 um rund 400 Mio. Euro mehr Schulden gemacht als im Jahr zuvor. Folglich erhöhte sich der Schuldenstand durch Aufnahme von Fremdmitteln von 1,46 Mrd. auf 1,87 Mrd. Euro. SPÖ-Finanzstadträtin Renate Brauner führt den Anstieg auf Rückgänge bei Steuereinnahmen durch die Finanzkrise zurück. Dennoch konnte die Bundeshauptstadt einen ausgeglichenen Rechnungsabschluss mit je 11,32 Mrd. Euro auf Einnahmen- und Ausgabenseite vorlegen, da das zusätzlich aufgenommene Geld als Einnahme verbucht wurde.
"Wir können uns das leisten"
"Wir bekennen uns
dazu und können uns das leisten", versicherte Brauner. Wien habe vor der
Krise jahrelang Schulden zurückgezahlt. Zudem habe der Budgetvoranschlag
2009 auf Konjunkturprognosen gefußt, wonach ein BIP-Wachstum von 0,9 bis 1,2
% erwartbar gewesen sei. Tatsächlich sei die Wirtschaftsleistung in
Österreich jedoch um 3,6 % zurückgegangen, berief sich die Ressortchefin auf
Zahlen des Wifo.
Heuer wird's noch mehr
Für das heurige Jahr kündigte Brauner
einen neuerlichen Anstieg der Schulden um weitere 200 Mio. Euro an, womit
die 2 Mrd.-Grenze dann überschritten wäre. Das Maastricht-Ergebnis lag im
Vorjahr bei minus 302,66 Mio. Euro - nach einem Überschuss von 259 Mio. Euro
im Jahr 2008.
Kaum mehr Personal
Die Finanzstadträtin verwies auf den
"effizienten Mitteleinsatz" der Stadt. Man habe trotz der übernommenen
zusätzlichen Aufgaben wie etwa im Meldewesen den Personalstand nicht erhöht
- mit Ausnahme einer leichten Steigerung im Kinderbetreuungsbereich durch
die Einführung des Gratis-Kindergartens. Insgesamt waren 2009 56.979 (2008:
56.724) Personen bei der Stadt beschäftigt. Außerdem setze die Stadt im
Gesundheitsbereich, beispielsweise in der Geriatrie und im Spitalwesen, eine
Reihe von "Verschlankungsinitiativen".
Brauners Resümee zum Rechnungsabschluss 2009: "Das ist der in Zahlen gegossene Kampf der Stadt gegen die Krise - mit allen positiven und negativen Konsequenzen." Der größte Brocken entfiel im Vorjahr mit 2,92 Mrd. Euro (2008: 2,85 Mrd.) auf den Bereich Gesundheit und Soziales. Mit 1,59 Mrd. Euro wurde der Schul- und Bildungsbereich um 140 Mio. Euro höher dotiert als 2008, was vor allem auf den Gratis-Kindergarten zurückzuführen ist.
Einen neuen Höchststand verbuchte der Baubereich, der mit 1,93 Mrd. Euro ein Plus von knapp 20 % verzeichnen konnte. Ebenfalls gestiegen sind die sogenannten nachfragewirksamen Ausgaben der Stadt - nämlich von 4,29 Mrd. auf 4,35 Mrd. Euro. Dazu zählen etwa Bauaufträge und Materialeinkauf. Die Daseinsvorsorge schlug mit 1,03 Mrd. Euro zu Buche, das Kulturbudget wurde mit 244 Mio. Euro (2008: 234 Mio.) beziffert.
ÖVP sieht "Halbwahrheiten"
Kritik am Zahlenwerk
kam von der Opposition. ÖVP-Klubobmann Matthias Tschirf ortete "selektive
Wahrnehmung und Halbwahrheiten" und sprach von einer bedrohlich wachsenden
Verschuldung: "Die präsentierten Zahlen des letzten Jahres offenbaren die
Hilflosigkeit einer inhaltlich abgewirtschafteten roten Stadtregierung."
Wien spare überhaupt nicht, ärgerte sich Tschirf etwa über die "lasche
Umsetzung" der Beamtenpensionsreform, wo sich laut Rechnungshof rund 350
Mio. Euro einsparen ließen.
FPÖ befürchtet "Aussackeln"
Die FPÖ
unterstellte Brauner Unehrlichkeit und warnte vor einem Gebührenanstieg nach
der Wahl im Herbst. Klubobmann Eduard Schock zeigte sich überzeugt, dass
Strom- und Gaspreise ab 2011 um bis zu 16 % teurer werden und Parkpickerl um
rund ein Viertel mehr kosten könnten: "Aussackeln, wie es brutaler und
unsozialer nicht geht - darin hat es Brauner zu unerreichter Meisterschaft
gebracht."