ÖVP und FPÖ starten mit Klausur in Südsteiermark ins neue Jahr
Die ÖVP-FPÖ-Koalition hat sich am Donnerstag auf Schloss Seggau zu ihrer ersten Klausur eingefunden, um erste Vorhaben aus dem Regierungsprogramm umzusetzen. Schwerpunkte sind dabei die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge und die Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland. Unklar blieb vorerst, wie das Arbeitslosengeld künftig ausschauen soll.
Rasch umsetzen
Man wolle die Pläne aus dem Regierungsprogramm "alle möglichst rasch in Umsetzung" bringen, erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei einem Statement vor Medienvertretern zu Beginn der zweitägigen Klausur auf Schloss Seggau in der Südsteiermark. Man starte zügig mit der Arbeit, "während andere noch Urlaub machen", meinte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). "Wir sind ein rot-weiß-roter Schnellzug, der im Sinne der Österreicher auch in die Umsetzung geht. Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt", bemühte Strache einen "Geier Sturzflug"-Hit, den er fälschlicherweise der "Spider Murphy Gang" zuschrieb.
Auf der Agenda stehen die Entlastung kleiner Einkommen, die Indexierung der Familienbeihilfe, eine "Deregulierungs-Offensive", eine Energie- und Klimastrategie, Einsparungen "im System" sowie - von Kurz extra erwähnt - der Erhalt des Militärgymnasiums Wiener Neustadt. Inhaltlich hob Kurz die Entlastung kleiner Einkommen hervor, die man in einem ersten Schritt mittels Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge erreichen will, von der Einkommen bis zu 1.948 Euro profitieren sollen.
Außerdem unterstrich Kurz das Vorhaben, die Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland an die Lebenshaltungskosten anzupassen. Damit sorge man "für mehr Gerechtigkeit", ist Kurz überzeugt. Die Regierung rechnet mit Einsparungen von über 100 Millionen Euro. EU-rechtliche Probleme erwartet er nicht, man habe die Maßnahme "sehr gut und ordentlich vorbereitet", verwies Kurz auf ein entsprechendes Gutachten des Soziallrechtlers Wolfgang Mazal. Es sei ihm "jahrelang ein Dorn im Auge" gewesen, dass Hunderte Millionen ins Ausland gezahlt würden für Kinder, die nicht in Österreich leben und wo die Lebenshaltungskosten viel geringer seien, sagte Kurz. Man stelle damit einen "Missstand" ab, bekräftigte Strache.
Arbeitslosengeld
Unklar blieb am Rande der Klausur, wie das Arbeitslosengeld in Zukunft organisiert wird. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hatte zuletzt gesagt, dass Langzeitarbeitslose nicht in die Mindestsicherung fallen werden, sondern "dauerhaft Anspruch auf Arbeitslosengeld haben", es also unbefristet beziehen können. Das wurde vom Kanzler auf Nachfrage so nicht bestätigt. "Es gilt immer das, was im Regierungsprogramm steht und was wir gemeinsam verhandelt haben", stellte Kurz klar. Es werde ein "Arbeitslosengeld Neu" geben, das gerechter werde: Wer lange einbezahlt hat, soll länger profitieren, wer nur kurz eingezahlt hat, soll das Arbeitslosengeld auch nur kurz bekommen. Bestehe kein Anspruch, gebe es ja noch die Mindestsicherung.
Das konkrete Konzept wolle man noch heuer präsentieren. Die Einführung des deutschen Hartz IV-Modells plane man jedenfalls nicht, versicherte wie davor schon die Sozialministerin auch Kurz. Klar sei, dass man bei der Notstandshilfe etwas ändern werde, das sei "gemeinsame Linie".
Die künftige Organisation der Unterbringung von Asylwerbern, die zuletzt medial für Schlagzeilen gesorgt hatte, ist auf der Klausur kein Schwerpunktthema, wie Strache auf Nachfrage erklärte. Man verfolge jedenfalls den Ansatz, dass hier "kein Geschäftszweig" entstehen soll und es stärkere "staatliche Verantwortung" brauche.
"Rescue Center"
Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hatte zuvor im Ö1-"Mittagsjournal" über die Pläne gesprochen, "Rescue Center" oder Grundversorgungszentren für Asylwerber zu etablieren: Generelles Ziel sei es, den "Asylandrang" nach Österreich einzudämmen und Verfahren möglichst rasch abzuwickeln. Um dies zu ermöglichen, mache es Sinn, die Asylwerber an einem Ort "zu zentrieren". Er wehrt sich dabei gegen den Begriff "Massenunterkunft" und stellte einen Vergleich mit dem Präsenzdienst beim Bundesheer an: "Das hab' ich über eine Kaserne noch nie gehört." Wenn es jungen Männern zuzumuten ist, sechs Monate in einer Kaserne zu verbringen, könne dies auch von schutzsuchenden Menschen erwartet werden. Die zentrale Unterbringung ermöglicht seiner Auffassung nach effiziente Verfahren und dies sei im Interesse aller Beteiligten, so Kickl.
Für Unmut unter Medienvertretern sorgte, dass bei der Klausur kein direkter Zugang zu den eintreffenden Regierungsmitgliedern möglich war - auch die Fotografen mussten den Großteil der Mannschaft durch eine Glasscheibe fotografieren. Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) schaute dagegen mit ihren beiden Hunden Jackie (Onassis) und Winston (Churchill) im Journalistenbereich vorbei. Ihre Regierungskollegen habe sie schon näher in der langen Parlamentsnacht der Regierungserklärung kennenlernen können, die Regierungsklausur sei nun aber eine "gute Gelegenheit, gemeinsam durchzustarten", meinte Kneissl.
Am Freitag findet ein Ministerrat statt, danach werden gegen Mittag die Medien über die Ergebnisse der Regierungsklausur informiert.