Die Schüler hätten auch persönliche Fragen zum Privatleben beantworten sollen. Die Anonymität wäre nicht gewährleistet gewesen.
Nächster Eklat im österreichischen Bildungssystem: Nach Kritik an den vom Bundesinstitut für Bildungsforschung (BIFIE) konzipierten begleitenden Fragebögen zur derzeit laufenden Ausgangs-Testung für die geplanten Bildungsstandards haben vier Bundesländer die Beantwortung dieser zusätzlichen Fragen über ihr Privatleben oder das ihrer Eltern gestoppt. In Vorarlberg, Tirol, Oberösterreich und Wien werden nur noch die fachlichen Tests weitergeführt. In den anderen Bundesländern wird noch überlegt, bzw. war niemand für eine Stellungnahme erreichbar.
Anonymität nicht gewährleistet
Bereits Ende vergangener
Woche war Kritik von Eltern an den Fragen (z.B.: "Wirst du von deinen Eltern
geschlagen?" oder "Fühlst du dich von deinen Eltern geliebt?") laut
geworden. Nun hat der Vorarlberger Schul-Landesrat Siegi Stemer (V) in
seinem Bundesland diese Schüler-Befragung gestoppt und die
Testadministratoren angewiesen, ab Dienstag die Fragebögen zurückzuhalten,
weil er einige der Fragen für "von sich aus fragwürdig" halte. Nachdem die
Schüler auch das Geburtsdatum und die Sozialversicherungsnummer bekanntgeben
müssten, sei zudem die Anonymität der Befragung nicht gewährleistet, so der
Schul-Landesrat. Die Bildungsstandards-Tests selbst werden laut Stemer "in
aller Ruhe weitergeführt, aber ohne diesen Fragebogen".
In vier Bundesländern gestoppt
Auch in Wien wird der von
Elternvertretern kritisierte Fragebogen ab sofort nicht mehr verwendet. "Die
Schulen werden angewiesen, den Fragebogen in seiner derzeitigen Form nicht
mehr auszuteilen."
Ebenfalls gestoppt wird die Befragung in Oberösterreich, wie der Präsident des oberösterreichischen Landesschulrates, Fritz Enzenhofer, bestätigte. Er habe dem BIFIE empfohlen, alle Fragen wegzulassen, die nichts mit den Leistungsstandards zu tun haben. Dann würden sie von den Schulen ausgefüllt. Alle anderen würden vernichtet, erklärte Enzenhofer. Auch der Landesschulrat für Tirol hat aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken die Ausgabe der Fragebögen gestoppt. "Es hat massive Proteste von Eltern gegeben", sagte Andreas Pirkl. Nachdem die Testung aber noch laufe, blieben die bisher ausgefüllten Fragebögen an den jeweiligen Schulen. In Tirol seien diese an Hauptschüler und Gymnasiasten der 8. Schulstufe ausgeteilt worden.
"Unzulässige Verquickung"
Der Landesschulrat für
NÖ hat sich wegen der Schüler-Befragung an die Datenschutzkommission des
Bundes gewandt. Landesschulratspräsident Hermann Helm habe in dieser Woche
sowohl Termine mit dem BIFIE als auch mit Unterrichtsministerin Claudia
Schmied (S) und will dabei u.a. hinsichtlich der Fragestellungen in der
Erhebung "schärfstens protestieren". Nach Meinung der steirischen
Bildungslandesrätin Bettina Vollath (S) handelt es sich bei der umstrittenen
Befragung um "eine unzulässige Verquickung" von erhobenem Datenmaterial:
"Diejenigen, die das ausgeheckt haben, sollen noch einmal in sich gehen", so
Vollath.
BIFE weist Kritik zurück
Am BIFIE zeigte man sich am Montag
überrascht über die Reaktion der Bundesländer. In einer bereits am
Wochenende veröffentlichten Stellungnahme zur Kritik an den Fragen hat das
BIFIE betont, dass die Befragung völlig anonym sei und die Informationen zu
"verschiedenen Aspekten schulischer und außerschulischer Lern- und
Lebensbedingungen der schulpolitisch orientierten Ergebnisanalyse" dienen.
Im Unterrichtsministerium wollte man inhaltlich zu der Causa keine
Stellungnahme abgeben. Man lasse sich derzeit vom BIFIE alle Informationen
liefern, das Ministerium als Auftraggeber der Untersuchung sei daran
interessiert, dass die Situation im Kontakt mit allen Beteiligten gelöst
werde, sagte ein Sprecher zur APA.