Lena Schilling ist nicht fix gesetzt im EU-Parlament. Wird sie vom Listenzweiten Thomas Waitz überholt und fallen die Grünen unter 7% der Stimmen, ist Schilling draußen.
Für die einen ist Lena Schilling das Opfer einer Kampagne, für die anderen ist sie eine Person, die mit nur 23 Jahren schon viel Schaden angerichtet hat und nun als unglaubwürdig gilt.
Der grüne EU-Wahlkampf ist jedenfalls seit den Berichten über die Lügen-Dramen rund um Schilling in Turbulenzen.
Nur ein Mandat im EU-Parlament
Fallen die Grünen bei der EU-Wahl unter 7% der Wählerstimmen, dann erhalten sie sogar nur ein Mandat im EU-Parlament. Der Listenzweite Thomas Waitz muss jetzt um seinen Platz zittern. Allerdings könnte er Schilling im Vorzugsstimmenwahlkampf überholen. Dann wäre er drinnen und sie draußen.
Für eine Vorreihung mittels Vorzugsstimmen müssen fünf Prozent Wähler einer Partei einem Kandidaten die Vorzugsstimme geben. Waitz müsste also mindestens fünf Prozent der Grünen Vorzugsstimmen einsacken. Und natürlich braucht er mehr Vorzugsstimmen als Lena Schilling, um diese zu überholen.
Aktuell sind die österreichischen Grünen mit 3 Abgeordneten im EU-Parlament. Das könnte sich nach der Wahl am 9. Juni allerdings dramatisch ändern.
Klare Worte von Waitz in Richtung Schilling
Böse Worte hat Waitz über Schilling bislang keine verloren, aber am Wochenende hat er sich als künftiger Delegationsleiter der Grünen - statt ihr - ins Spiel gebracht, oe24 berichtete. "Ich biete mich dafür gerne an", sagte er in der ORF-Sendung Hohes Haus. Mit der Erfahrung und den Netzwerken, die er mitbringen würde, könne er "hier gut beitragen".
Entscheidung nach der Wahl
Die Entscheidung solle erst nach der Wahl fallen, sagte Waitz. Auf eine Anfrage des Standard antwortete die Grüne Partei, dass die Frage, wer die grüne Delegation im EU-Parlament anführen wird, noch nicht geklärt sei. "Wir werden jetzt die Wahl und das Ergebnis abwarten und danach gemeinsam die nächsten Schritte überlegen", heißt es von den Grünen.
Die Partei weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass im Jahr 2019 Monika Vana als Listendritte Delegationsleiterin wurde. EU-Spitzenkandidat war damals Parteichef Werner Kogler, der sein Mandat aber nicht annahm.
Kampf um Vorzugsstimmen
Politikberater Thomas Hofer rechnet damit, dass Waitz, so er ins Parlament kommt, die Delegation leiten wird: "Ich gehe davon aus, dass Thomas Waitz die Delegationsleitung übernehmen wird. Er bringt die notwendige Erfahrung, Kompetenz und Netzwerke mit", sagt Hofer dem Standard. Einen Vorzugsstimmenwahlkampf möchte Waitz nicht offensiv führen, weil ein interner Wahlkampf den Grünen aktuell zusätzlich Schaden zufügen würde.
"Jetzt erst recht"-Wahlkampf
Bei den Grünen sei nicht ausgeschlossen, dass nicht nur Waitz, sondern auch Schilling viele Vorzugsstimmen bekommen könnten. Da würden womöglich viele Wähler, so schätzt der Politik-Analyst Hofer, in einer Art "Jetzt erst recht"-Stimmung oder mit dem Mitleidsargument "Das kann man der jungen Frau doch nicht antun" für Schilling stimmen.
Eines ist klar - ruhiger ist es bei den Grünen seit dem Vorstoß von Waitz, der sich als Delegationsleiter angeboten hat, nicht geworden.