Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Sebastian Kurz wird zum Phänomen der Innenpolitik. In den Umfragen wächst sein Vorsprung von Tag zu Tag, nach 250 Tagen Regierung agiert er noch immer fehlerlos – und jetzt fängt er auch noch an, Geschenke zu verteilen …
Der jüngste Kanzler der Republik entwickelt einen Stil, den er sich ganz offensichtlich von Altmeister Bruno Kreisky abgeschaut hat – als ideale Mischung aus Staats- und Weihnachtsmann.
Als Staatsmann düst er wie Tom Turbo durch die Welt. Gestern in Hongkong, morgen ist er schon als Polit-Feuerwehr am Krisen-Herd der Ukraine. Die Rats-Präsidentschaft macht aus Kurz Europas Polit-Star.
Den Weihnachtsmann spielt Kurz in den wenigen innenpolitischen Pausen. Erste unpopuläre Ansagen als „Sparmeister der Nation“ hat er längst gegen ein Füllhorn getauscht.
Zuerst verteilte er den Familien-Bonus, es folgte eine großzügige Erhöhung für alle Pensionisten. Der neueste Hit sind Gratis-Tablets für alle Schüler – vergleichbar mit dem „Gratis-Schulbuch“, das schon Kreisky legendär machte.
„Happy Kurz“ ist ein Kanzler des Glücks. Während Vorgänger Faymann sich an der EU-Finanzkrise zu Tode arbeiten durfte, regiert Kurz im Wirtschaftswunder: Das Wachstum hält bei über 3 %, die Arbeitslosenzahlen sinken, die Steuern sprudeln – Finanzminister Löger sitzt auf einem Milliarden-Polster.
Und Kurz tut das, was Kreisky zum „Sonnenkönig“ machte: Er verteilt das Steuer-Plus an die goldrichtigen Zielgruppen: Familien, Pensionisten, Schüler und Digitalisierung. Resultat: 60 % der Wähler sehen die Kurz-Kanzlerschaft schon positiv.
Das Kurz-Problem, dass ihm der rechts-rechte Partner FPÖ mit Dummheiten wie Nazi-Liederbüchern, BVT-Affäre, Kneissl-Knicks vor Putin oder rechtsextremen Strache-Postings die Erfolgs-Bilanz versauen könnte, ist in Wahrheit sein größter Vorteil: Kurz steht als Star im Scheinwerfer-Licht, Strache kassiert als böser Bub ständig die Watschen. Viel angenehmer kann man als Kanzler kaum regieren …