Der Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Zu Richard Lugner kann man stehen wie man will - man kann ihn nervig finden, man kann ihn peinlich finden, man darf sein Spatzi nicht mögen oder nichts mehr über sie/ihn lesen wollen. Ich habe volles Verständnis für jeden, den die Lugner- und Spatzi-Mania auf die Nerven geht. Freilich ist Lugner auch ein Phänomen: Sobald sein Name im Internet auftaucht, wird die Meldung eine der meistgeclickten des Tages - so absurd sie auch sein mag. Lugner ist ohne Frage ein österreichisches Unikum - wie die Frankfurter Würstel.
Dass der ORF jetzt entschieden hat, Lugner vor der Präsidenten-Wahl mit einem Auftritts-Verbot im TV zu belegen, ist - egal wie man zu ihm steht - ein demokratiepolitischer Skandal.
Der Parteien-Staat Österreich hat vor dieser Präsidenten-Wahl die kaum zu überwindende Hürde von 6.000 - bei einem Gemeindeamt (!) zu unterzeichnenenden - Unterstützungs-Erklärungen eingeführt. Dieses Demokratie-Attentat haben nur zwei KandidatInnen überlebt: Die in ihrer Unabhängigkeit bewundernswerte Irmgard Griss und der in seiner Skurrilität und seinem Sendungsbewusstsein bemerkenswerte Richard Lugner. Beide sind offizielle Kandidaten für die Hofburg-Wahl - wir sollten froh sein, dass es unabhängige Bewerber gibt.
Ein TV-Verbot für einen offiziellen Hofburg-Kandidaten darf es nicht geben - das sind sowjetische Zustände. Dem ORF als öffentlich-rechtliche Anstalt steht es nicht zu, sich die Kandidaten für eine Wahl auszusuchen und selbst zu bestimmen, wer "relevant" ist. Selbstverständlich hat Lugner als offizieller Kandidat das Recht, bei allen TV-Duellen aufzutreten - und wenn der ORF deshalb fünf Duelle mehr ausstrahlen muss, darf das kein Problem sein. Das ist Demokratie - und das wird auch der Parteien-Funk ORF aushalten.
In den USA käme keine TV-Anstalt auch nur auf die Idee, Donald Trump oder Bernie Sanders mit Auftritts-Verbot zu belegen. Und verglichen mit dem US-Clown für Weiße Haus ist unser Baumeister für die Hofburg eine mehr als harmlos-lustige Variante.
Der ORF muss Lugner zu den TV-Duellen zulassen, sonst macht er die ganze Präsidenten-Wahl anfechtbar und - völlig unnötig - zu einem demokratiepolitischen Skandal.