Das sagt Österreich

Die Wut der Wähler & der nette Kanzler

09.09.2017

Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Zur Vollversion des Artikels
© ÖSTERREICH/ Artner
Zur Vollversion des Artikels

HC Strache hat also das oe24.TV-Duell gegen Christian Kern mit 61 % zu 39  % klar gewonnen. Das überrascht viele Analysten, denn Kern war definitiv der Sachlichere, Souveränere im Duell – eigentlich ein sympathischer Kanzler.

Kerns Problem ist: Die Wut in der Bevölkerung auf diese „entsetzliche“ Regierung und das Gefühl, selbst zu den Verlierern zu gehören, ist so groß, dass selbst der sympathischste Kanzler mit seriösen Argumenten nicht mehr durchkommt.

Sebastian Kurz hat das erkannt, distanziert sich von der eigenen Regierung und ruft den Neustart aus. Genau das wollen die Wähler.

HC Strache profitiert natürlich am meisten von dieser 
ex­tremen Wut im Land – er verbindet brutale Regierungskritik mit Entertainment (etwa wenn er meint, „die Müllgebühr reicht für den ORF“).

Fraglos ist Strache jetzt im Wahlkampf „angekommen“: Er wird zu einem gefährlichen Herausforderer für Kurz. Strache hat die Wut auf seiner Seite – das kann ihn noch Richtung 30 % befördern.

Christian Kern wird seine Strategie ändern müssen. Er hat eine gute Bilanz auf seiner Seite. Die Wirtschaft brummt, unser Wachstum liegt an der Spitze der EU, es gibt so viele Jobs wie noch nie.

Doch was nützt das, wenn die Wähler vor Wut fast explodieren, weil sie sich über eine „Bonzen-Mauer“ vor dem Kanzleramt aufregen. Eine Mauer als Symbol des Wähler-Frusts: (Noch) Keiner freut sich übers Wirtschaftswachstum – jeder ärgert sich über präpotente ­Politiker, hohe Steuern, zu ­viele Ausländer.

Der Kanzler wird seine Erfolge besser kommunizieren müssen. Plus: Er wird im Wahlkampf und im TV aggressiver und bürgernäher auftreten müssen. Mit Nettsein ist diese Wahl nicht zu gewinnen.

Vor allem aber:
Kern wird sich keine weitere Mauer, keinen weiteren Silberstein mehr leisten können. Er muss jetzt jede Woche (so wie in der aktuellen Umfrage) 1 % gewinnen, wenn er Kurz noch einholen und Strache in Schach halten will. Dann kann er gewinnen. Sonst heißt es: Game over …

Zur Vollversion des Artikels