Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
In Frankreich wird heute die Zukunft Europas entschieden. Nicht nur die Frage, wie stark die EU in Zukunft wird – sondern auch die politische Dynamik, in der sich Europa in Zukunft bewegt. In Richtung rechten, nationalen Populismus – oder liberaler Offenheit.
Das Ergebnis für Marine Le Pen wird zeigen, ob die rechtsnationalen Populisten in Europa mehrheitsfähig sind. Zuletzt sind Norbert Hofer in Österreich und Geert Wilders in den Niederlanden gescheitert. Mit Marine Le Pen steht heute die populärste Anti-EU-Kämpferin zur Wahl. Marine Le Pen ist definitiv der weibliche, durchaus charmante, extrem kämpferische „Strache-Typ“. Wenn sie heute scheitert, vielleicht sogar unter 40 % fällt, ist bei der Anti-EU-Rechten die Luft raus. Dann kommt auch Strache für seinen nächsten Österreich-Wahlkampf in die Defensive – und muss sich Neues einfallen lassen. Denn dann steht fest: „Raus aus der EU“ ist nicht mehrheitsfähig. Europa ist nicht Trumps Amerika.
Wenn Emmanuel Macron heute die Wahl gewinnt, dann erleben wir den Aufstieg eines neuen Politiker-Typs. Auf den ersten Blick ist Macron eine französische Ausgabe von unserem Kanzler Christian Kern, auf den zweiten vielleicht ein französischer Kurz.
In Wahrheit unterscheidet Macron aber von Kern und Kurz Entscheidendes. Das Wichtigste: Macron hat sich von seiner Partei (Sozialisten) losgesagt. Er ist ein Symbol für das Ende von SPÖ und ÖVP – für das Aus der Großparteien. Das müssen Kern und Kurz erst wagen.
Ein Macron-Sieg wäre aber auch ein begeisterndes „JA“ zur EU. Macron ist ein Fan Europas. Kein Kritiker, sondern ein positiver Reformer. Im Gegensatz zu Kern und Kurz hat er nie mit populistischer Kritik an EU und Zuwanderung zu punkten versucht.
Wenn Macron also heute siegt, dann siegt mit ihm die neue politische Unabhängigkeit, die neue Liberalität, das „JA“ zu Europa.