Das sagt ÖSTERREICH

ORF riskiert den ersten Skandal im Wahlkampf

07.04.2016

Lugner muss diskutieren dürfen - alles andere wäre Wahl-Manipulation

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Die Präsidenten-Wahl wird doch deutlich spannender als die Umfragen versprechen. In Wahrheit liegen nicht nur Van der Bellen und Hofer Kopf an Kopf, sondern alle fünf Kandidaten viel dichter beisammen.
35 % der Befragten sind sich nämlich nicht sicher, ob sie wirklich wählen gehen - darunter sind überraschend viele Van der Bellen- und Hofer-Wähler. Bleiben diese Protest-Wähler wirklich zuhause, steigen plötzlich die Chancen von Hundstorfer und Khol, die vorerst abgeschlagen wirken. Vor allem Hundstorfer kann mit einer Mobilisierung von Gewerkschaft und SPÖ bei niedriger Wahlbeteiligung eine Überraschung schaffen.
Ob die Regierung wirklich die größte Watsche der Zweiten Republik erhält (nur mehr 26 % für SPÖ und ÖVP zusammen) oder ob Hundstorfer und Khol das Debakel vermeiden können, hängt von der kommenden Woche ab, in der die direkten TV-Duelle im ORF die Vorentscheidung bringen.
Die TV-Duelle werden diese Präsidenten-Wahl vorentscheiden - für Van der Bellen, Hofer, Griss - oder doch noch für Hundstorfer, der mit Arbeitsplätzen und Pensionen in letzter Sekunde punkten könnte.

Lugner muss diskutieren dürfen - alles andere wäre Wahl-Manipulation


Bei der Bedeutung der TV-Duelle für diese Wahl ist es umso unverständlicher, dass der ORF  einen einzigen der sechs Kandidaten - nämlich Richard Lugner - aus den Fernseh-Konfrontationen ausschliesst.
Man kann zu Lugner stehen wie man will - ihn als Clown sehen, ihn als chancenlos bewerten, ihn für politisch inkompetent halten - eines aber ist unbestritten: Er hat 6.000 Unterschriften geschafft und sich damit offiziell für die Wahl qualifiziert, das war schwer genug.
Es steht dem ORF nicht zu, einen einzigen Wahl-Bewerber aus dem TV-Wahlkampf auszuschliessen. Das ist - in aller Härte gesagt - ein demokratiepolitischer Skandal. Ob Lugner in die Stichwahl kommt, haben die Wähler zu entscheiden - nicht der ORF.
Alexander Wrabetz riskiert möglicherweise seine Wiederwahl, wenn er dieses Attentat auf die demokratische Fairness im Wahlkampf durchzieht. Der Widerstand im Stiftungsrat steigt, alle anderen Kandidaten sprechen sich für Lugner aus, kein Wähler versteht mehr die Allmachtsfantasie eines ORF, der tatsächlich aktiv in eine Wahl eingreifen will.
Der ORF hat nur noch wenige Tage Zeit, seine absurde Entscheidung, einen Kandidaten von den Duellen auszuschließen, rückgängig zu machen. Tut er das nicht, hat der Präsidenten-Wahlkampf seinen ersten Skandal.

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