Ein Kommentar zum Ausgang der Nationalratswahl von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Der Wahl-Sonntag hat unserem Land ein politisches Erdbeben beschert, das ungeahnte Folgen haben wird: Schon bald wird in Österreichs Innenpolitik nichts mehr so sein, wie es bisher war. Die Karten wurden neu gemischt – jetzt werden sie neu verteilt.
Sebastian Kurz ist der strahlende Sieger dieser Wahl. Er hat mit dem türkis-blauen Regierungs-Crash und der Neuwahl extrem viel riskiert (sogar seinen Kanzler-Job) – und alles gewonnen.
Das wird gleich mehrfache Konsequenzen haben: In Österreich wird Kurz jetzt einen Kanzler-Bonus im Stil des legendären Bruno Kreisky bekommen. In Europa wird er zum spannenden „young leader“ werden, der die EU-Politik in Zukunft entscheidend mitbestimmen wird.
Dafür braucht Kurz freilich eine funktionierende Regierungs-Koalition, die zukunftsorientierte Politik macht – mit Visionen, mit Umwelt-Engagement, mit sozialer Gerechtigkeit, mehr Netto für die Bürger, ohne Skandale – aber mit Stabilität und neuem politischen Stil.
Logischer Partner für den Kanzler Kurz kann zunächst nur der Grüne Werner Kogler sein.
Werner Kogler hat in einer One-Man-Show den Grünen die größte Auferstehung seit Lazarus verpasst. Er hat eine tote Partei zum lebendigen, sexy Regierungs-Partner gemacht – durch seine kompetente Politik, aber auch durch den goldrichtigen Umgang mit der Umwelt-Bewegung der „Fridays for Future“-Kids.
Kogler ist deshalb zu Recht der einzige anerkannte Polit-Partner der immer breiteren Umweltbewegung in diesem Land – und damit ihr logischer Vertreter in der Regierung.
Genau das würde Türkis-Grün zum spannenden Zukunfts-Programm machen: Die Verbindung der türkisen Wirtschafts-Kompetenz mit grünem Umwelt-Engagement.
Sebastian Kurz hat im ersten Teil seiner Kanzler-Karriere mit der FPÖ das damals wichtigste Aufreger-Thema „Zuwanderung“ gelöst und auf richtigen Kurs gebracht, den rot-schwarzen Stillstand gestoppt, die Blockade in der Politik beendet. Und er hat zum genau richtigen Zeitpunkt die Notbremse gezogen, bevor die Blauen die Regierung in Korruption, Chaos und rechtsextreme Abgründe gestürzt hätten. Türkis-Blau hat (für Kurz) „fertig“ – jetzt ist es Zeit für einen Neustart.
Ob die Grünen für diesen Neustart freilich schon reif sind, wird sich erst zeigen. Hinter Werner Kogler klafft ein riesiges Loch an Inkompetenz, Unverlässlichkeit und teils verrückten Spinnern.
Die Wiener Grünen sind ein korrupter Haufen, von den jungen Grünen ist nur die durchgeknallte „Stinkefinger“-Maurer wirklich bekannt, die legendären grünen Oldies sind alle pensionsreif.
Die große Aufgabe für Werner Kogler wird es sein, nach seiner Wahlkampf-One-Man-Show jetzt ein wirklich kompetentes Regierungsteam zu finden, in dem die „Fridays for Future“-Bewegung führend vertreten ist – und dann mit Kurz ein Regierungsprogramm zu verhandeln, das von beiden Seiten akzeptiert werden kann. Dazu muss eine radikale Umkehr in der Umweltpolitik gehören: 1-Euro-Öffi-Ticket, CO2-Steuer für „Stinker“, viele Innovationen und Milliarden-Investitionen. Und vor allem: Eine neue führende Rolle für Österreich in der Umweltpolitik der EU.
Schafft Kogler dieses Kunststück nicht und scheitert im Chaos der Grünen, hat Kurz eine zweite spannende Option: Er kann versuchen, seine „Umwelt-Reformpartnerschaft“ mit einer komplett erneuerten SPÖ zu starten. Die Ansagen von Rendi-Wagner waren von den Positionen der Grünen nicht weit entfernt. Wenn Rendi nach Drozdas Abgang die SPÖ als neue, umweltbewusste Partei aufstellen kann (oder das im Falle ihrer Demontage letztlich Doris Bures gelingt), dann könnte auch Türkis-Rot noch eine spannende Option werden.