Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner
Mit fast genialem G’spür treibt Außenminister Kurz mit einer populistischen Forderung nach der anderen Kanzler Kern vor sich her. Gestern forderte Kurz das, was mehr als 80 % der Österreicher wollen: dass es Sozialhilfe für Ausländer erst gibt, wenn sie zuvor fünf Jahre ins System eingezahlt haben.
Das Rezept von Kurz ist denkbar einfach: Er sieht sich an, welche politischen Kalauer der FPÖ bei den Wählern am besten ankommen, macht ein deutlich weniger radikales Programm daraus und präsentiert die Strache-Wuchteln als seine Ideen. Die sie in dieser Form auch sind.
Der schwer genervte Kanzler Kern ist dann immer gegen die neueste Kurz-Idee, weil seine links-linke Parteibasis Zeter und Mordio schreit. Sobald er sieht, dass die Kurz-Vorschläge beim Wähler gut ankommen, ändert er seine Linie um 180 Grad. Und war schon immer dafür …
In Wahrheit provoziert Kurz seinen Noch-Chef Kern so lange, bis es dem reicht – und er in Neuwahlen flüchtet. Kurz weiß: Sein Poker ist ohne Risiko. Jede neue Idee bringt ihm neue Wähler. Und Kern kann mit der Neuwahl nicht mehr lange warten, weil er sonst von Kurz regelrecht entzaubert wird.
Tatsächlich will Österreich den Neustart. Die Regierung Kern ist gescheitert wie die Große Koalition zuvor. Das liegt nicht an Kern, der die richtigen Ideen hat, sondern am System: Gewerkschaft, Kammern, Länder blockieren alles von der Schulreform bis zu den Start-ups.
Eine Regierung, die nicht einmal ein Waxing-Studio vor Gewerkschaft und Zusperren retten kann, hat keinen Sinn mehr. Sie wird keine Reformen schaffen.
Lasst uns wählen – im Interesse aller: Weil Kurz dann seine Ankündigungen umsetzen kann. Weil der Kanzler seinen „Plan A“-Neustart wagen kann, ohne vorher entzaubert zu werden. Und weil Strache wenigstens ein paar Ideen bleiben, die Kurz bis dahin nicht übernommen hat.