Programmdirektor Lorenz ortet "faschistoide" Elemente im Privatfernsehen.
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat am Montag vor dem Publikumsrat für das ORF-Programm geworben. Die Quotenentwicklung im neuen Jahr sei erfreulich, darüber hinaus gebe es zahlreiche neue Formate im Programm. Programmdirektor Wolfgang Lorenz verteidigte ebenfalls das Sendeschema und stellte sich gegen das Privat-Fernsehen, das mit manchen Formaten "auf das unappetitlichste bis faschistoide" arbeite.
Lob für Info-Formate
Wrabetz lobte etwa die Diskussionssendung "Im Zentrum", die "in neuem Gewand und mit neuen Aspekten" daherkomme, was bei der Premiere am Sonntagabend 470.000 Zuschauer angelockt habe. "Die Topreichweite seit neun Monaten", fügte der ORF-General hinzu. Auch die Informationssendungen würden gut laufen, versicherte er, so habe beispielsweise die "Zeit im Bild" am 16. Jänner mit 1,37 Mio. Zuschauer den Topwert seit März 2009 erreicht. Auch "Runder Tisch", "Weltjournal" und "Eco" liefen zur vollen Zufriedenheit des ORF-Generals, der seit dem Ausscheiden von Elmar Oberhauser auch Infodirektor ist.
Das Ziel, die "überlegene Marktführerschaft" zu halten, sei 2010 erreicht worden, so der ORF-General. Dazu sei bedingt durch technische Neuerungen wie High Definition (HD) generell die TV-Nutzungszeit nach oben gegangen. 2010 sei diese in allen Altersgruppen um mehrere Minuten pro Tag gestiegen. "Das zeigt, dass das Fernsehen Renaissance hat." Dafür verabschiedet sich der ORF heuer offiziell von der Werbewährung "Kabel- und Satellitenmarkt" (KaSat), wie Wrabetz vor dem Publikumsrat erklärte. Dieser Wert habe keine Bedeutung mehr, weil sich der nationale Markt und der KaSat-Markt in den vergangenen Jahren generell angeglichen hätten.
"Programm für alle"
Lorenz betonte, dass der ORF "Programm für alle" mache. Zwar komme man pekuniär an der Zielgruppe 12 bis 49 Jahre nicht vorbei, "aber uns ist die Zielgruppe '50 plus' nicht wurscht, um es leger zu sagen. Sehr zum Unterschied zu den Privaten. Dort ist man über 50 praktisch tot."
"Käferfressersendung absolutes No Go"
Der ORF werde auch in Zukunft ohne Formate wie "Deutschland sucht den Superstar", "Next Topmodel" oder "die Käferfressersendung" (gemeint ist das RTL-Format "Ich bin ein Star, holt mich hier raus", Anm.) auskommen, so Lorenz. "Es gibt hier eigentlich eine allgemeine Akzeptanz, eine Toleranz auch, die mich ein bisschen wundert, weil diese Sendungen für uns ein absolutes 'No Go' sind. Nicht weil wir sie nicht könnten, sondern nicht wollen", betonte der Programmdirektor. "Alles, was mit Arenafernsehen zu tun hat, hat großen Erfolg, wo unschuldige Halbkinder in Versuchung geführt werden oder mehr oder weniger als kleine Elefanten oder kleine Löwen aufeinander losgelassen werden." Lorenz wiederholte dazu den oft gebrauchten Satz "Unterhaltung mit Haltung", der beim ORF immer noch zum Tragen komme. "Wir werden auch den Mut zur Lücke haben müssen." Außerdem seien alle ORF-Formate Marktführer, betonte er. "Es ist ja nicht so, dass sich das österreichische Publikum mittlerweile bei RTL und Prosieben unterhält."
Werbepausen: Harmonischeres Hörbild in Planung
Wer empfindliche Ohren hat und sich daran stört, dass die Werbepausen subjektiv immer lauter sind als das davor gelaufene Programm, darf sich im Übrigen auf kommendes Jahr freuen. Wie der ORF-Audioexperte Florian Camerer erläuterte, ist dieses Phänomen der bisher verwendeten Pegeltechnik geschuldet, das die Lautstärke immer an den Spitzenwerten eines Programms berechnet. Kommendes Jahr soll diese Kenngröße der "Lautheit" weichen, was ein viel harmonischeres Hörbild zur Folge hat, wie er bei einer Demonstration im Publikumsrat bewies.