Gegen Zitierungsverbot à la ÖVP

Zadic: "Politik muss raus aus Ermittlungen"

19.03.2021

Justizministerin erzählt im Interview, wie sie sich den neuen Bundesstaatsanwalt vorstellt.

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© APA/BARBARA GINDL
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Wien. Zwei Monate war Alma Zadic (G). in Babypause – in der Zeit geht die WKStA gegen ihren Ministerkollegen Gernot Blümel vor. Zadic gab mehreren Zeitungen – darunter ÖSTERREICH – dieses Interview.

Frage: Wie ist es ­Ihnen in Ihrer Baby-Zeit ergangen?

Alam Zadic: Die zwei Monate nach der Geburt waren wie zwei Monate abseits der Zeit. Es fühlt sich so bisschen an, als wäre ich gestern mit dem Riesenbauch aus dem Ministerium rausmarschiert und diese Woche wieder ohne Bauch reingekommen. Diese zwei Monate, die ich mit dem Baby und meinem Mann verbringen durfte, waren eine sehr, sehr herausfordernde, aber auch eine sehr, sehr schöne Zeit. Viele junge ­Eltern kennen das.

Frage: OGH-Chefin Elisabeth Lovrek hat der Politik vorgeworfen, im Streit um die WKStA eine rote Linie überschritten zu haben.

Zadic: Ich kann dem einiges abgewinnen, was die OGH-Präsidentin gesagt hat. Die Justiz genießt sehr hohes Vertrauen in der Bevölkerung, weil sie unabhängig arbeitet. Sachliche Kritik ist selbstverständlich zulässig und wird von mir aufgegriffen.

Frage: Hat die ÖVP da rote Linien überschritten?

Zadic: Das eine ist sachliche Kritik – und das andere sind pauschale Angriffe auf die Justiz. Diese weise ich entschieden zurück. Auch wenn ich nicht Ministerin wäre, würde ich mich – als Rechtsanwältin und Bürgerin – schützend vor die Justiz stellen. Die ÖVP hat sich zu vielen Punkten geäußert. Manches davon haben wir aufgegriffen, anderes weisen wir zurück.

Frage: Liegt seit dem Angriff der VP auf die WKStA ein Schatten über der Koalition?

Zadic: Das würde ich so nicht sehen. Ich weiß, dass auf vielen Ebenen ausgezeichnet zusammengearbeitet wird, etwa bei der BVT-Reform. Natürlich gibt es da und dort Differenzen, das liegt ja auch in der Natur der Sache. Wir sind ja zwei grundverschiedene Parteien mit zwei unterschiedlichen Weltbildern.

Frage: Die ÖVP fordert ebenfalls einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt. Wie wird der aussehen?

Zadic: Was mir wichtig ist: Die Weisungsspitze muss entpolitisiert sein. Es muss einen objektiven Bestellmechanismus geben und die Person sollte eine fachlich versierte Person sein, die Erfahrung im Justizbereich hat. Eine längere Bestelldauer garantiert die Unbeeinflussbarkeit und garantiert auch, abseits des politischen Drucks stehen zu können. Der Vorschlag der Staatsanwälte ist eine Möglichkeit. Da soll es innerhalb der Justiz, aus einem richterlichen Gremium ein Vorschlagsrecht geben und der Bundespräsident entscheidet. Aber das sind Punkte, die wir in der von mir eingesetzten Arbeitsgruppe diskutieren müssen. Es gilt natürlich auch, das Parlament einzubinden.

Frage: Die ÖVP will verbieten, aus Gerichtsakten zu zitieren …

Zadic: Vor 46 Jahren hat man sich davon verabschiedet, weil man gesagt hat, das ist nicht mehr zeitgemäß, es gehört zu einem Grundpfeiler, dass die Öffentlichkeit auch gewisse Vorgänge erfahren darf. Sonst würden wir in eine Zeit vor 1975 zurückfallen.

Frage: Seit die Grünen in der Regierung sind, geht die WKStA auch gegen Promis vor: Blümel, Brandstetter, Pilnacek. Haben Sie die Justiz entfesselt?

Zadic: Die Staatsanwaltschaft ermittelt aufgrund der Gesetze, sie ermittelt unbeeinflusst. Das hat nichts mit der amtierenden Ministerin zu tun, denn die Staatsanwaltschaft ist gesetzlich zu objektiven Ermittlungen verpflichtet. Ich werde mich bei laufenden Ermittlungsverfahren selbstverständlich nicht einmischen und ich werde als Ministerin dafür sorgen, dass die Justiz weiterhin unabhängig arbeiten kann.

(gü)

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