Die Große Koalition könnte noch bis zum Herbst aneinandergekettet sein. Große Reformen wird sie nicht mehr erzielen, denn bei Sachthemen gibt es keine Einigung.
Der Streit zwischen SPÖ und ÖVP tobt unvermindert weiter. Wenn die SPÖ keine Zustimmung für eine Minderheitsregierung findet, ist die Koalition dennoch zumindest bis zum Herbst aneinandergekettet. Das bedeutet weiterhin Stillstand im Land und eine hohe Wahrscheinlichkeit für Neuwahlen im Herbst. Denn bei diesen bevorstehenden Stolpersteinen ist eine Einigung zwischen den „Partnern“ nahezu ausgeschlossen.
Stolperstein 1: Inflationspaket
So ringen SPÖ und ÖVP seit Wochen
über ein Anti-Teuerungspaket. Selbst beim Gipfel der Regierungskoordinatoren
mit Bundespräsident Heinz Fischer in der vergangenen Woche war die Inflation
Thema. Eine Annäherung ist freilich in weiter Ferne: Die SPÖ besteht auf dem
berühmten „Gusi-Hunderter“, der sozial Schwache mit hundert Euro Soforthilfe
unterstützen möchte. Nachhaltige Maßnahmen, wie sie die ÖVP fordert, würden
nicht ausreichen. Die ÖVP setzt der SPÖ den „Molterer-Fünfziger“ entgegen,
den Bezieher des Heizkostenzuschusses bekommen sollen. Eine Einigung gibt es
bisher nur über einen Gebührenstopp. Abgaben wie etwa die Autobahn-Vignette
sollen dieses Jahr nicht angehoben werden.
Stolperstein 2: Steuerreform
Seit Kanzler Gusenbauer im Fernsehen
angekündigt hat, die Steuerreform von 2010 auf 2009 vorziehen zu wollen, ist
die ÖVP erzürnt. Die guten Wirtschaftsdaten würden eine frühere Reform
ermöglichen, sagte der Kanzler. Die ÖVP lehnt den Kanzler-Plan als
„Steuerreform auf Pump“ ab und beharrt auf dem ursprünglichen Termin. Die
roten Forderungen: eine durchschnittliche Entlastung für Einkommen bis
4.000 Euro brutto im Monat um 500 Euro sowie die Anhebung der
Steuergutschriften für Wenigverdiener von 110 auf 200 Euro unter
Einbeziehung der Pensionisten. Eine Vermögenszuwachssteuer soll 300 bis 800
Millionen Euro im Jahr bringen – zweckgebunden für das Gesundheitssystem
(siehe Gesundheitsreform). Finanzminister Molterer tobt: „So funktioniert
das nicht. Ich habe bei der Steuerreform das Heft in der Hand.“
Stolperstein 3: Gesundheitsreform
Auch die Gesundheitsreform zur
Sanierung der angeschlagenen Krankenkassen will die SPÖ schon im Herbst
einführen und mit der Steuerreform verknüpfen. Ministerin Andrea Kdolsky
(ÖVP) lehnt das kategorisch ab. Sie will die Reform schrittweise bis 2010
einführen.
Stolperstein 4: Doppelbudget
Vermutlich der endgültige Knackpunkt
für das Scheitern der Koalition ist das Budget für 2009. Im Gegensatz zu
den anderen Sachthemen ist die Erstellung eines Haushaltsplanes unabwendbar.
Die ÖVP will sogar ein Doppelbudget bis 2010 verhandeln, die SPÖ lehnt das
ab.