Das so unbeliebte Fach Mathematik ist die Feuertaufe für Ministerin Heinisch-Hosek.
Im Goethe-Gymnasium in Penzing ist alles vorbereitet: Die Kartons mit den Matura-Aufgaben sind im Safe versperrt, heute früh öffnet Direktor Hubert Kopeszki die Fragen für die 78 Schüler der vier Maturaklassen. „Es ist klar, die neue Mathe-Matura verlangt neue Formate, das muss geübt werden“, sagt er zu ÖSTERREICH.
19.200 Gymnasiasten treten heute bei der ersten Mathematik-Zentralmatura an. Sie wird in zwei Teilen abgehalten und dauert 270 Minuten (siehe rechts). Die Spannung bei Schülern, Lehrern und Verantwortlichen ist groß. Die Reifeprüfung heute ist die Feuertaufe für die neue Zentralmatura und Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Die Vorzeichen stehen nicht günstig:
- Peinliches Ergebnis. In keinem anderen Fach gibt es so viele Fünfer wie in Mathe. Bei der Probe-Zentralmatura im Dezember schafften nur zwei Drittel ein positives Ergebnis. 32 % der Arbeiten waren negativ. „So ein Ergebnis wäre jetzt eine Katastrophe“, sagt der Mathematiker Rudolf Taschner. Er ist besonders gespannt. Auch sein Sohn tritt heute in Wien zur Matura an.
- Pannen in erster Woche. Zudem zittert das Bildungsministerium vor neuen Pannen. Am Dienstag landeten Fragen der Deutsch-Matura in Wien bei Medien, bevor die Zeit abgelaufen war – die Staatsanwaltschaft ermittelt. Und bei einem Einbruch in Salzburg wurden Aufgaben der Latein-Matura aufgerissen.
Passiert so etwas wieder oder ist die Negativ-Quote extrem hoch, wird sich Heinisch-Hosek verantworten müssen. Sie gibt sich optimistisch: „Es war positiv, dass es Probeschularbeiten gab. Alle sind gut vorbereitet. Ich glaube, dass auch Mathematik gut zu bewältigen ist.“
"Ein Ergebnis wie bei der Probe-Klausur wäre eine Katastrophe"
ÖSTERREICH: Was hat sich im Fach Mathematik in Form der Zentralmatura gegenüber früher verändert?
Rudolf Taschner: Ich habe zwei alte und zwei neue Maturafragen verglichen. Mein Fazit: So stark hat es sich gar nicht verändert. Ich wäre dafür, dass der erste Teil als Zentralmatura geführt wird und der zweite Teil vom Lehrer selbst bestimmt wird.
ÖSTERREICH: Bei der Probeklausur gab es ein Drittel Fünfer. Warum?
Taschner: Würde sich dieses Ergebnis wiederholen, wäre das eine Katastrophe. Die Beispiele sind sehr lang, man muss gut lesen können, es war kompliziert formuliert. Die Schwierigkeit ist jetzt, die Frage richtig zu verstehen.
ÖSTERREICH: Warum?
Taschner: Mathematik ist ein blödes Fach. Der Unterricht müsste dahin verändert werden, dass Fehler, die gemacht werden, korrigiert werden. Ich finde, man sollte ganz anders unterrichten.
Wie die neue Mathe-Matura funktioniert und wann die Schüler durchkommen
Die Mathematik-Matura dauert 270 Minuten und ist in zwei Teile zu je 24 Punkten gegliedert:
Teil 1: Grundwissen. Im ersten Teil müssen die Schüler Grundwissen unter Beweis stellen. Sie müssen keine „darüber hinausgehende Eigenständigkeit“ zeigen. Die Aufgaben werden als „gelöst“ (1 Punkt) oder „nicht gelöst“ (kein Punkt) gewertet.
Teil 2: Umfassende Aufgaben. Dieser Teil besteht aus vier bis sechs umfangreichen „Typ-2-Aufgaben“ (mit bis zu 6 Unteraufgaben). Pro Unteraufgabe gibt es bis zu zwei Punkte. 150 Minuten Zeit.
Für ein „Genügend“ müssen im ersten Teil zwei Drittel der Punkte erreicht werden – unabhängig von der Punktezahl im zweiten Teil. Im zweiten Teil können „Ausgleichspunkte“ gesammelt werden, die im ersten Teil angerechnet werden.
J. Prüller