Es gibt nicht einmal genug Zivis für die Rettung, daher sollen ihre Tätigkeiten auch nicht ausgeweitet werden, so die Kritik.
Der Gesetzesentwurf für die Novelle zum Zivildienstgesetz hat in mehrfacher Hinsicht Kritik hervorgerufen. So stoßen sich beispielsweise das Unterrichtsministerium, die Arbeiterkammer und einige Organisationen an der geplanten Ausweitung der Tätigkeitsfelder von Zivildienern auf Kinderbetreuungs- und Integrationseinrichtungen. Die in den vergangenen Monaten viel diskutierte Frage eines Widerrufs der Gewissensklausel - derzeit sind Zivildienern etwa Berufe, für die eine Nutzung von Waffen erforderlich ist, verwehrt - ist im Entwurf noch gar nicht enthalten.
"Nein, danke" in Kindergärten
Derzeit dürfen
Zivildiener nur in Kinderbetreuungseinrichtungen eingesetzt werden, wenn
dort auch behinderte Kinder betreut werden. Die Novelle, deren
Begutachtungsfrist vergangene Woche endete, sieht eine Ausweitung der
Tätigkeitsfelder vor, worüber sich nicht alle freuen: Das
Unterrichtsministerium etwa lehnt das Vorhaben für Kindergärten aufgrund der
fehlenden Qualifizierung der Zivildiener "strikt" ab. Ähnlich
argumentiert auch die Arbeiterkammer, die einer Ausweitung im Hinblick auf
die angespannte Arbeitsmarktsituation auch "grundsätzlich ablehnend"
gegenübersteht.
Nicht einmal genug für die Rettung
Die Lebenshilfe forderte
zunächst eine Bedarfsabdeckung bei den bisherigen Rechtsträgern. "Ernste
Bedenken" äußerten auch der Arbeiter-Samariter-Bund, die
Johanniter-Unfall-Hilfe und das Rote Kreuz, da die Zahl der den Rettungs-
und Katastrophenhilfeorganisationen zugeteilten Zivildiener ohnehin stetig
zurückgehe.
Freiwillige nur eingeschränkt gefördert
Für Kritik
sorgen außerdem geplante Änderungen bei der sogenannten
Freiwilligenförderung: Jene jungen Männer, die unmittelbar im Anschluss an
den Zivildienst weiterhin bei demselben Träger arbeiten wollen, bekommen in
der Regel drei Monate lang 500 Euro pro Monat. Künftig sollen diese
Förderungen aber nur Rettungs- und Katastrophenhilfeorganisationen gewährt
werden. Die Lebenshilfe will das nicht akzeptieren, auch andere
Organisationen sowie die Wiener Landesregierung fordern einen weiter
gefassten Kreis. Das Sozialministerium verlangte eine neuerliche Prüfung
über die Notwendigkeit, Träger der Sozial- und Behindertenhilfe nicht
einzubeziehen.
Zusätzliche Sonderfreistellung
Dass Zivildiener weiters
künftig auch jener Einrichtung zugewiesen werden können, in der sie zuvor
schon tätig waren, rief Kritik der AK und der niederösterreichischen
Landesregierung hervor. Lebenshilfe, Arbeiter-Samariter-Bund und Rotes Kreuz
sprachen sich außerdem dagegen aus, dass eine Sonderfreistellung von einer
Woche aus familiären oder persönlichen Gründen nicht mehr vom zweiwöchigen
Urlaub abgerechnet, sondern zusätzlich gewährt wird.
Waffenverbot soll bleiben
Ein unter den Koalitionsparteien
umstrittener Punkt ist in dem Entwurf allerdings noch gar nicht enthalten:
Derzeit können Zivildiener beispielsweise keine Polizisten werden, weil sie
den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen verweigert haben. Verknüpft
ist diese Verpflichtung mit einem 15-jährigen Waffenverbot.
ÖVP-Innenministerin Maria Fekter hatte vor einigen Wochen vorgeschlagen,
eine Möglichkeit zu schaffen, die Entscheidung für den Zivildienst im
Nachhinein zu revidieren und das Militär - zumindest teilweise -
nachzuholen. SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos reagierte zunächst
ablehnend.
Fekter und Darabos reden noch
Bis die entsprechende
Regierungsvorlage dem Ministerrat vorliegt, werde man diesbezüglich noch
Verhandlungen mit der SPÖ führen, erklärte Fekters Sprecher. Ein
entsprechender Beschluss soll noch vor dem Sommer fallen, damit die Novelle
im Frühherbst im Innenausschuss des Parlaments behandelt werden kann. Die
Sozialistische Jugend, die für eine Reform eintritt, drängte auf eine
Lösung.
Novelle soll sparen helfen
Im Innenministerium geht man übrigens
davon aus, dass die vorliegende Novelle Einsparungen für den Bund von
mindestens 647.000 Euro bringen wird, auch Kosteneinsparungen für die Länder
werden erwartet. Der Rechnungshof verwies aber darauf, dass die Herleitung
dieses Betrages fehle. Auch das Finanzministerium, die niederösterreichische
Landesregierung und der Gemeindebund wünschen sich eine entsprechende
Präzisierung.
Opposition schwer enttäuscht
Der Entwurf für die Novelle
sorgt auch bei der Opposition für heftige Kritik. Die FPÖ ortet momentan gar
keinen Bedarf, das Zivildienstgesetz überhaupt zu ändern.
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky findet, man müsse viel eher die
"Großbaustelle Bundesheer insgesamt" in Angriff nehmen.
Die Grüne Zivildienstsprecherin Tanja Windbüchler-Souschill hat das Gefühl, dass die Zivildiener durch die geplante Ausweitung der Tätigkeitsfelder etwa auf Kinderbetreuungseinrichtungen noch mehr als bisher "soziale Löcher stopfen müssen".
Das BZÖ hält den Entwurf für verfassungswidrig, denn "Ein Kinderbuch vorlesen kann ja nicht als Wehrersatz im Sinne der umfassenden Landesverteidigung gelten", findet Klubobmannstellvertreter Herbert Scheibner.